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Die erste Generation

Mit einer Filmreihe feiert das Zeughauskino den 70. Jahrestag der Gründung Israels und spannt den Bogen von den 1970ern bis in die frühen 2000er Jahre

In Ilan Moshensons „Roveh Huliot – Wooden Gun“ (1979) zeigen sich die Narben der Shoah in einer Auseinandersetzung zwischen Kindern Foto: Jerusalem Cinematheque – Israel Film Archive

Von Fabian Tietke

Juli 1948, der Überfall der arabischen Staaten auf den gerade gegründeten Staat Israel ist zurückgeschlagen. In den verbleibenden Stunden bis zum Inkrafttreten des Waffenstillstands gilt es, sich strategische Punkte zu sichern. Von besonderer Bedeutung sind die Hügel, die die Straßen nach Jerusalem überblicken. Vier Freiwillige sollen einen dieser Hügel – Hügel 24 – für die verbleibenden Stunden besetzt halten. Doch die vier haben den Stützpunkt noch nicht verlassen, als Thorold Dickinsons „Hill 24 Doesn’t Answer“ in die Zeit vor der Staatsgründung zurückgeworfen wird. In Rückblenden wird die Geschichte der vier Freiwilligen erzählt. „Hill 24 Doesn’t Answer“ war ein Aushängeschild für den jungen Staat, als er 1955 in Cannes lief.

Der Film ist die letzte Regiearbeit des britischen Regieveteranen Thorold Dickinson und greift die zionistische Argumentation der Zeit auf. Besetzt mit britischen und israelischen Stars (etwa der Sängerin Shoshana Damari in einer Nebenrolle) gewährt der Film der Aufbruchsstimmung ebenso Raum wie den Narben der Vergangenheit. Als einer der ersten in Israel entstanden Filme ist „Hill 24 Doesn’t Answer“ Teil einer Filmreihe im Zeughauskino mit der der 70. Jahrestag der Gründung Israels gefeiert wird.

In Ilan Moshensons „Roveh Huliot“ („Wooden Gun“) von 1979 gewinnen die Narben der Schoah im Verlauf der Handlung – einer eskalierenden Auseinandersetzung zwischen Kindern in einer Nachbarschaft in Tel Aviv – auf unerwartete Weise an Bedeutung. Wie „Roveh Huliot“ macht auch Moshé Mizrahis „Ha-Bayit Berechov Chelouche“ („Das Haus in der dritten Straße“) deutlich wie sehr sich ab Ende der 1960er Jahre in den Filmen der Neuen Welle das kulturelle Zentrum Israels von Jerusalem nach Tel Aviv verlagert hat. Auch Mizrahi stellt einen Minderjährigen ins Zentrum seiner Erzählung: Sami, Sohn einer Familie ägyptischer Juden, die aus Alexandria nach Israel geflohen sind, muss mit gerade einmal 15 Jahren seiner verwitweten Mutter helfen, die Familie durchzubringen. Auf Vermittlung der Mutter stellt deren Chef Sami in seiner Schlosserei ein – doch schon bald treten die Konflikte zwischen den aus Westeuropa stammenden Arbeitern, einem aus Russland eingewanderten Kollegen, der Sami unter seine Fittiche genommen hat, und Sami als ägyptischem Juden, offen zutage. Mizrahis Film verlegt die Handlung zurück in die letzten Monate der Mandatszeit, er entstand jedoch 1973, in demselben Jahr, in dem Nissim Dayan in seinem Spielfilm „Or Min HaHefker“ („Light Out of Nowhere“) die Diskriminierung der orientalischen Sephardim durch die europäischen Ashkenazim vehement zum Thema erhob.

Mizrahi, selbst 1945 aus Ägypten nach Israel ausgewandert, verfährt demgegenüber deutlich versöhnlicher.

Vor zehn Jahren 2008 stellte Ralf Dittrich für das Zeughauskino zum Jahrestag der Staatsgründung eine umfangreiche Retrospektive zusammen. Damals war das israelische Kino auf Festivals allgegenwärtig. In den zehn Jahren seitdem ist es den Festivals und Kinos seltsam abhandengekommen. Lag der Schwerpunkt der Reihe vor zehn Jahren auf der Entwicklung des israelischen Kinos bis in die 1970er Jahre, so schließt die aktuelle Reihe dort an und spannt in den sechs Filmen den Bogen von den 1970er Jahren bis in die frühen 2000er Jahre. Eine wichtige Rehabilitation lässt sich die Reihe jedoch entgehen: 1988, fünf Jahre vor seinem Tod, verfilmte Amos Guttman in „Himmo Melech Yerushalaim“ („Himmo, King of Jerusalem“) eine Erzählung von Yoram Kaniuk aus der Zeit des Unabhängigkeitskriegs über eine Krankenschwester, die sich in einem zum Lazarett umfunktionierten Kloster in einen schwer verwundeten Soldaten verliebt.

Im Eröffnungsfilm „Hu Halach B’Sadot“ (He Walked Through the Fields“) inszeniert Yosef Millo die erste Generation, die in Israel geboren wurde. In einem Kibbutz verliebt sich der junge Uri in die junge Mika und sucht zugleich nach einem Verhältnis zu seinen unterdessen getrennten Eltern. Uris Vater wird von Yosef Millo selbst gespielt, Uri wird verkörpert von Assi Dayan, der 1992 mit „Life Acording to AGFA“ einen der Gründungsfilme für jene Welle israelischer Filme drehte, die bis etwa 2007/8 währte – Wahlverwandtschaften des israelischen Kinos.

Vom Anfang Israels – Die ersten Jahre und das israelische Kino: Zeughauskino, 15.–27. Mai, www.dhm.de

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