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Patrick EbenspergerEindringliche Beobachtungen: Romuald Karmakars Filme

Romuald Karmakar, „Byzantion“, 2017 (Filmstill). Video, 14 Min. Foto: © 2017 Pantera Film GmbH; Courtesy Ebensperger; Luxoom Lab

Idealerweise ist es so gedacht: Geht Mann, nachdem er uriniert hat, an das Waschbecken, um sich die Hände zu waschen und schaut dabei in den Spiegel, dann sieht er anstelle seines Konterfeis das von Manfred Zapatka, der die Rede Heinrich Himmlers bei der SS-Gruppenführertagung in Posen am 4. Oktober 1943 vorträgt. Das darf eine riskante Hängung genannt werden. Auch wenn Besucher und Besucherinnen die Toilette als Ausstellungsraum aufsuchen. Im Übrigen bemerkt man in Romuald KarmakarsAusstellung in den Räumen von Ebenspergerund Luxoom Labsehr schnell, wie durchdacht die Hängung generell ist und wie die einzelnen Filmarbeiten dadurch enorme Präsenz entfalten. Das kleine, beengte Kabuff im Keller versetzt einen wirklich sehr nah an das idiotische Geschehen von „Coup de Boule“. Der Film von 1987, der französische Wehrdienstleistende zeigt, wie sie ihrem Spind mit Kopfstößen traktieren, brachte dem Wehrdienstleistenden Karmakar zwei Wochen Militärgefängnis ein. Grandios natürlich die riesige Leinwand in der Haupthalle des ehemaligen Krematoriums Wedding, auf der Karmakars d14-Arbeit „Byzantion“ zu sehen ist. Zweimal dieselbe Anrufung der Jungfrau Maria durch Vorsänger und Chor, und doch zweimal der Hymnus in einer ganz eigenen Aufführung. Niemand beobachtet Menschen, Ereignisse und Dinge so überlegt, systematisch und eindringlich wie Karmakar. Und wenn es nur wie bei „Tulum“ um eine paar Palmen im Wind geht, die draußen im Treppeneingang vom Süden erzählen. wbg

Bis 30. 6., Fr. 12–18 Uhr, Sa+So 11–17 Uhr, Plantagenstr. 30

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