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das portraitThilo Bode hat den Kampf gegen Konzernlügen auf ein neues Level gehoben

Foto: Foodwatch

Sein Wikipedia-Eintrag enthält, so würde er es formulieren, eine „Produktenttäuschung“. Dort steht nach seinem Namen in Klammern, er sei „Umweltschützer“. Thilo Bode, 71 Jahre jung, ist vieles, hat vieles gemacht und gewiss noch vieles vor, aber dieses Label verdeckt eher die Qualität dessen, was sein politisches Wirken im Kern ausmacht: Demokratisierung, Partizipation und die politische Auseinandersetzung auf Augenhöhe.

Bode, Kind eines Lehrers und einer Buchhändlerin aus dem Bayerischen – und zwar vom Ammersee, mitten in einer Schmuckpostkartenlandschaft geboren – war in der Jugendzeit Jungsozialist, gewiss Willy-Brandt-Wähler und Anhänger von dessen Credo „Mehr Demokratie wagen“. Der Bayer, dem die heimatliche Herkunft noch ganz leicht anzuhören ist, studierte zunächst Soziologie, ehe er sich, inklusive Promotion, auf das Fach verlegte, das ihm und seinen Fellows das nötige Besteck im Streit mit Opponenten gab: Volkswirtschaft.

Nach dem Studium absolvierte er Stationen im Frankfurter Bankenviertel und in Düsseldorf. Von 1989 bis 1995 war er Geschäftsführer der deutschen Abteilung von Greenpeace, jener Umweltorganisation, die sich keineswegs aus dem Schaumbad der Basis erhob, sondern, mit dem US-Vorbild im Rücken, sich aufs Campaigning verstand – so wie Thilo Bode als ihr kühler und mitreißender Chef sich auf Marketing, das heißt, auf die Erzeugung öffentlicher Wirkung verstand.

Sein Lebenswerk indes ist die Gründung einer Organisation, die man als Bürgerrechtsinstitution im Lebensmittelbereich verstehen muss: Foodwatch („Nahrungsmittelbeobachtungsstelle“). 2002 in die Welt gesetzt, hat sie seither die Nahrungsmittelindustrie im Visier. Es ging und geht um mangelnde Transparenz von Werbung für Lebensmittel. Ihm sei es egal, so sagte Bode einmal, ob jemand bei McDonald’s isst oder lieber auf selbst zubereitete Burger setzt – er wolle die Lügen aus der Welt schaffen. Ökolebensmittel sind nicht prinzipiell besser als konventionelle, nur eben teurer. Etwa Kuhmilch: Deren Herstellung unterliegt ohnehin gesetzlich scharfen Vorschriften, egal wie viel sie später im Laden kostet.

In zahlreichen Büchern hat er seine bürgerrechtliche Expertise dargelegt. Bode, der vor einem Jahr den Direktorenposten an einen jüngeren Nachfolger, Martin Rücker, übergab, wollte keine Ökoparteistreicheleien, er sprach genauso vor Unternehmerverbänden, bei Fleischlobbyisten, auf Expertenhearings. Immer ging es ihm und damit Foodwatch um Transparenz der Lebensmittelproduktion – und um die Zurückweisung von Flunkereien. Er handelte sich damit schweren Ärger, etwa mit der damaligen Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner ein – was ihn nur bestärkte. Dass Zucker in viel zu hohen Mengen in Getränken lauert und dass dies zur politischen Frage wird, ist Foodwatch zu verdanken: einer Bürgerrechtsinstitution, die nicht auf Moral setzt in erster Linie, sondern auf Kenntnis, die politisch durchgesetzt werden muss. Jan Feddersen

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