Tim Caspar Boehme hört auf den Sound der Stadt:
Sie ahnen es schon: Osterzeit ist Passionszeit. Da kann man noch so viele Schokoladen- oder Marzipaneier in sich hineinstopfen, irgendwelche Spurenelemente von christlichem Erbe sind in den kommenden Tagen enthalten. Ob es einem gefällt oder nicht. Dabei spricht eine Sache ganz entschieden für diese Kulturpflege: die Passionsmusik. Die kann man als religiösen Akt zelebrieren, aber sich auch einfach daran erfreuen, dass sie in vielen Fällen so wohlgeraten ist. Bis heute müssen sich alle Versuche, das Leiden Christi mit Tönen nachzuvollziehen, an dem Standard messen, den Johann Sebastian Bach gesetzt hat. Von ihm gibt es daher am Karfreitag in der Gethsemanekirche in einem Konzert der Sing-Akademie zu Berlin und der Lautten Compagney Berlin die ihrerseits ziemlich unerreichte Motette „Komm, Jesu, komm“ (die mit dem sauren Weg, der zu schwer wird) zu hören. Dazu Werke oder Auszüge daraus von Joseph Haydn und Bernd Alois Zimmermann, um auch das 20. Jahrhundert zu berücksichtigen (Stargarder Str. 77, 20 Uhr, VVK: 5–15 €, AK: 8–18 €).
Eine andere Art der Passion ist am selben Abend im Sowieso zu vermelden: Dort beginnt mit der letzten Ausgabe des Formats 2Nightsinarow zugleich der vorletzte Konzertabend dieser seit 2008 bestehenden Institution für erkundungsfreudigen Jazz und furchtlose Improvisation. Im April ist dann Schluss. Doch bevor das Haus seine Pforten bis auf weiteres schließen wird, hat das vierfach hochkarätige Quartett des Saxophonisten und Klarinettisten Frank Gratkowski, des Daxophonisten und Gitarristen Kazuhisa Uchihashi, des Pianisten Achim Kaufmann und des Cellisten und Sängers Tristan Honsinger Gelegenheit, zwei Tage hintereinander den Ort zu bespielen. Samstag tritt dieselbe Besetzung daher noch einmal auf. Sollte man sich nicht entgehen lassen (Weisestr. 24, 20.30 Uhr).
Ebenso wenig sollte man sich das KIM Fest entgehen lassen, das am Mittwoch in der Werkstatt der Kulturen beginnt. Auch hier stehen Jazzforschung und angewandte Improvisation im Vordergrund, zum Auftakt spielen die norwegischen Spitzenwissenschaftler in Sachen Jazz Christian Wallumrød, seines Zeichens zuständig für Tasteninstrumentologie, und der Gitarrenversuchsleiter Kim Myhr gemeinsam mit der schwedischen Vokalkundlerin Sofia Jernberg, die unlängst bei der Eröffnung des Festivals MaerzMusik zu erleben war, und Myhrs Kollege David Stackenäs, ebenfalls aus Schweden. Solo gibt sich die französische Pianistin Eve Risser die Ehre. Und das ist erst der Anfang (Wissmannstr. 32, 19.30 Uhr, 15/12 €).
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