berliner szenen
: Der Zauber war verflogen

Irgendwann hörte es auf, gut zu sein. Sie hatten umgebaut, die offene Küche erweitert, nur die Plastikplane hinter der Eingangstür war winterbedingt geblieben – und die Origami-Schwäne, die von der Decke baumeln. Die neue Servierkraft war nicht mehr so charmant wie die alte, der vietnamesische Koch aber einsilbig wie eh und je, und die Spinnen auf den Toiletten waren weggeputzt. Es saßen keine eingebildeten Musikerinnen mehr da mit Geigenkasten auf dem Schoß, keine Lehrkräfte in der Mittagspause, die über Qi Gong als Schulfach redeten. Aber das war es alles nicht.

Es war einfach nicht mehr so gut wie am Anfang. Der Zauber war fort. Das Menü hatte ich schon so ziemlich durch, die Tofu-Varianten schmeckten wie meist nach Pappe. Es gab nur zwei Arten Nudelsuppe, Odu oder Ramen, mal mit Hühnchen, mal ohne, und dann gab es noch unendlich viel Sushi, doch wie so viele kleine Res­taurants war auch dieser vormalige Lieblingsjapaner in Schöneberg unfähig, ein ordentliches Softdrinkangebot im Programm zu haben. Cola, Fanta, Sprite, die Altparteien unter den Limos, dazu ein paar Säfte und Tees. Das war es. Dabei hat sich auf dem Softdrink-Sektor so viel getan in den letzten Jahren!

Trotzdem gehe ich immer noch hin. Ich bin ja treu. Schwimmen, Japaner, Späti. Dabei musste ich mich schon im Stadtbad Schöneberg „Hans Rosenthal“ umstellen, da das jetzt unter „Spaßbad“ läuft und ich also für 5,50 Euro in 90 Minuten mit meinen Bahnen durch sein muss (Warnung: Nie hin­gehen, wenn schulfrei ist). Und im „Cubo“ ist man immer noch beleidigt, wenn man auf die Nachfrage „Und etwas trinken?“ nur mit Kopfschütteln antwortet. Ich weiß, die Gewinnmarge ist bei Getränken viel höher als beim Essen, aber die Fritz-Limo gibt es leider nur im Späti nebenan. Vielleicht sollte ich auf ­Thailändisch umschwenken?René Hamann