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: Tatsächlich: Deutschland bekommt eine Regierung

Nach dem SPD-Ja zur Neuauflage der Großen Koalition hat sich Bundespräsident Steinmeier für Angela Merkels Wiederwahl zur Kanzlerin ausgesprochen. Angepeilt ist der 14. März

Das Neue

Man konnte daran zweifeln, aber jetzt ist klar: Deutschland bekommt eine neue Regierung. Angela Merkel (CDU) soll am 14. März zur Bundeskanzlerin gewählt werden. Es wäre ihre vierte Amtszeit. Danach werden die MinisterInnen der künftigen Großen Koalition ernannt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Merkel am Montag zur Wiederwahl vorgeschlagen. Das ist eine im Grundgesetz vorgeschriebene Formalie, die das Prozedere in Gang setzt. Die Regierung stünde dann fast sechs Monate nach dem Wahltag. So lange hat eine Regierungsbildung in der Bundesrepublik noch nie gedauert.

Der Kontext

Dem Ja der SPD-Basis gingen monatelange Verhandlungen voraus. Erst die zähen Sondierungen für ein Jamaika-Bündnis, das FDP-Chef Christian Lindner im November überraschend platzen ließ. Dann der steinige Weg zum 66-Prozent-Ja der SPD-Basis. Ein SPD-Sonderparteitag billigte Ende Januar Koalitionsverhandlungen, forderte aber Nachbesserungen am Sondierungsergebnis. Die SPD entscheidet sich nicht aus Überzeugung für die Koalition. Die Furcht vor Neuwahlen spielte eine große Rolle.

Und jetzt? CDU, CSU und SPD stellen 399 von 709 Abgeordneten im Parlament. Merkel ist gewählt, wenn die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten für sie stimmt – sie braucht also 355 Stimmen. Die Mehrheit der Großen Koalition ist geschrumpft, 2013 gehörten noch 504 von 631 Abgeordneten zu den Regierungsfraktionen. Damals bekam Merkel bei der Kanzlerinnenwahl 42 Stimmen weniger, als die Koalition hatte. Auch dieses Mal sind Verweigerer denkbar, zum Beispiel CDUler oder CSUler, die sich eine konservativere Linie wünschen.

Dass Merkel durchfällt, ist aber unwahrscheinlich. Die Lust auf Chaos ist in den Fraktionen nach dem langen Gezerre überschaubar. Außerdem gilt die Regel, dass knappe Mehrheiten disziplinieren.

Die Reaktionen

Bei Spitzenleuten von Union und SPD herrschte am Montag Erleichterung. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte im ARD-Morgenmagazin, im Koalitionsvertrag habe man die Basis gelegt, um Alltagssorgen der Menschen anzugehen, und nannte die Renten- und Familienpolitik, die Bildungspolitik und die Stärkung des ländlichen Raumes.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer verglich die anstehenden Herausforderungen mit der Agenda 2010. Der für Merkels Wiederwahl vorgesehene 14. März sei „ein Datum, das einen gewissen Symbolcharakter hat“, sagte sie. Damals hielt Ex-Kanzler Gerhard Schröder eine Rede zu den umstrittenen Reformen. Nun gelte es, sich mit Blick auf die internationale Si­tuation und die Digitalisierung erneut einem Veränderungsbedarf „mit aller Kraft und sehr schnell“ zu widmen, sagte Kramp-Karrenbauer.

Die Konsequenz

Die Neukoalitionäre wollen sehr schnell wichtige Punkte des Koalitionsvertrages umsetzen, wenn die Regierung steht – zum Beispiel die Erhöhung des Kindergeldes.

Ulrich Schulte