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Schulsenator lobt magere Bilanz

Nur einer von drei Schülern der Ausbildungsvorbereitung für Migranten erhält anschließend eine Lehrstelle

„Von einem Erfolg zu sprechen, ist angesichts der nackten Zahlen nicht gerechtfertigt“

Sabine Boeddinghaus, Die Linke

Von Kaija Kutter

Junge Zuwanderer und Geflüchtete, die über 16 Jahre alt sind, kommen in Hamburg regelhaft nicht auf eine Schule. Sie besuchen stattdessen die Ausbildungsvorbereitung für Mi­granten – kurz: AvM-Dual. Mehr als 2.300 Schüler sind in dieser Maßnahme. Doch die Bilanz des zweiten Pilot-Durchgangs dieses Bildungswegs, der 2015 mit 158 Schülern gestartet war, ist ziemlich mager. CDU und Linke finden sie besorgniserregend.

Die Schüler sind bei AvM-Dual je zwei Tage im Praktikum und drei Tage in der Schule. Es gab nach zwei Jahren im Sommer 2017 nur 92 Absolventen. Von diesen wechselten nur 28,3 Prozent in eine Ausbildung, weitere 7,6 Prozent gingen arbeiten.

Diese eher magere Bilanz reichte am Donnerstag für Schulsenator Ties Rabe (SPD), sein Credo zu wiederholen und zu sagen: „Die Integration geflüchteter Jugendlicher gelingt am besten über den Beruf.“ Dabei zeigt ein Blick auf seine Statistik, dass mehr Jugendliche ohne konkrete Perspektive diese Maßnahme verlassen. Einen Schulabschluss hat nicht mal die Hälfte erworben.

Zwar gibt es eine Handvoll junger Leute (6,5 Prozent), die weiter zur Schule gehen und das Abitur anstreben, doch 39 Prozent sind lediglich bei der Jugendberufsagentur in Beratung, einige davon im Sprachkurs, weitere 18,5 Prozent befinden sich in einer „trägergestützten Berufsvorbereitung“, was wiederum eine Warteschleife ist.

Ursprünglich angefangen hatten im August 2015 sogar erwähnte 158 neu zugewanderte Jugendliche in den zehn Pilotklassen. Nimmt man dies als Basis, ist der Erfolg noch kleiner.

„Die Erfolgsquote ist eher dürftig“, sagt denn auch Franziska Grundwald, die Flüchtlingspolitikerin der CDU-Fraktion. Man müsse dringend gucken, wo nachgesteuert werden muss. Der Senat habe angekündigt, dass im Januar 2018 mit 700 weiteren AvM-Dual-Absolventen zu rechnen sei. „Hier muss zeitnah überprüft werden, ob die Arbeitsmarktinte­gration dieser jungen Leute gelingt“, sagt Grundwald.

„Das der Senat bemüht ist, bezweifeln wir nicht“, sagt auch Sabine Boeddinghaus (Die Linke). Doch von einem Erfolg zu sprechen sei „angesichts der nackten Zahlen nicht gerechtfertigt“. Sie kritisiert, dass die AvM-Dual nach den zwei Testphasen „ohne öffentliche Auswertung der Ergebnisse“ zum Standardangebot für jungen Zugewanderte wurde .„Das muss im Schulausschuss dringend nachgeholt werden“. Es stelle sich zum Beispiel die Frage, ob ein Integrationsbegleiter für 30 Schüler angemessen sei.

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