: Damoklesschwert über den Dienststellen
Niedersachsens CDU spricht von einem „Meilenstein beim Bürokratieabbau“, ver.di sieht in der testweisen Abschaffung der Einigungsstellen bei den Kommunen nur den Versuch, die Mitbestimmung zu schleifen
Wolfgang Denia hat Angst vor Verhältnissen wie im Stoiber-Land: „Am Ende sind unsere Personalräte wie in Bayern nur noch für die Organisation von Betriebsausflügen verantwortlich“, sagt Niedersachsens ver.di-Chef. Ein Gesetzentwurf von CDU- und FDP-Fraktion bringt Denia derzeit auf die Palme. Die Regierungsfraktionen wollen in fünf „Modellkommunen“ testen, ob es sinnvoll ist, die Einigungsstelle in bestimmten Streitfällen abzuschaffen. Denia sieht darin den Versuch, die Mitbestimmungsrechte im öffentlichen Dienst eines Tages ganz zu schleifen.
Wenn es wegen Überstunden, Arbeitsschutz, Urlaubsgenehmigungen oder der Ausschreibung von freien Stellen zwischen Arbeitgeber und Personalrat knirscht, versucht eine so genannte Einigungsstelle mit einem unparteiischen Richter an der Spitze, die Probleme zu lösen. „Allein die Tatsache, dass die Einigungsstelle als Damoklesschwert über den Dienststellen schwebt, führt oft schon im Vorfeld zu einer einvernehmlichen Regelung“, sagt ver.di-Sekretärin Monika Schrader-Pausewang. „Die Einigungsstelle hilft dabei, statt Willkür des Arbeitgebers Ausgleich herzustellen“, erklärt Denia. Und dann erzählt er von der Einigungsstelle im Landkreis Osnabrück, die gerade verhindert habe, dass ein Beamter nur wegen seines CDU-Parteibuchs befördert werden sollte. „Dieses Instrument gab es in abgeschwächter Form schon zu Kaisers Zeiten“, donnert der ver.di-Mann. „Zu sagen, Mitbestimmung sei Bürokratie, ist doch der reinste Hohn“, sagt Schrader-Pausewang.
Von „einem weiteren Meilenstein beim Bürokratieabbau“ spricht hingegen die CDU. „Nicht die bösen CDU und FDP haben sich das ausgedacht, die Idee kam von den Kommunen“, entgegnet der Parlamentarische CDU-Fraktionsgeschäftsführer Bernd Althusmann. Neben den teilnehmenden Landkreisen Cuxhaven, Emsland, Osnabrück sowie den Städten Lüneburg und Oldenburg hätten weitere Kommunen gerne an dem Test teilgenommen. Bei der Frage, ob jemand innerhalb einer Behörde versetzt wird, sei die Einberufung einer Einigungsstelle „viel zu bürokratisch“, sagt Althusmann. „In Zeiten, in denen Verwaltungen fast so flexibel agieren müssen wie Unternehmen, ist ein solches Gesetz bitter nötig“, weiß der Konservative. Zudem dauere der Versuch, der vielleicht schon im Herbst beginnt, zunächst nur drei Jahre. Das Donnergrollen aus der ver.di-Zentrale lässt Althusmann ziemlich kalt; Probleme bei der Umsetzung werde es nicht geben: „Viele Personalräte sind ja manchmal pragmatischer als ihre Protagonisten“. ksc
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