piwik no script img

Kolumne Unter LeutenTraumjob im australischen Gladstone

Natur pur. Und immer an der frischen Luft. So stellt man sich das Leben als australischer Ranger vor. Die Realität sieht ganz anders aus.

Der Arbeitsplatz passt zum Traumjob: die Lady Musgrave Insel an der Ostküste Australiens Foto: imago/Zuma Press

Sechs Monate baden, schnorcheln und in der Sonne liegen. Das sollten die Aufgaben des neuen Insel-Rangers von Hamilton Island sein, den der australische Bundesstaat Queensland vor einigen Jahren per Annonce suchte. Das Gehalt für diesen Traumjob: umgerechnet rund 80.000 Euro.

Natürlich war das keine echte Stellenausschreibung, sondern eine Werbekampagne. Die Medien berichteten weltweit. Videos aus Hamilton Island wurden auf YouTube geklickt, bis die Breitbandkabel glühten. Von 35.000 Interessenten wurde der britische Sozialarbeiter Ben Southall ausgewählt. Ein wenig arbeiten musste er dann doch. Er sollte Artikel über das Faulenzen für einen Internetblog schreiben.

Wie das Leben eines echten Insel-Rangers aussieht, erfuhr niemand. Auch ich hatte keine Vorstellung. Bis zu diesem schwülheißen Sommermorgen, an dem ich durch die Hafenstadt Gladstone im Nordosten Australiens streifte.

Auf den ersten Blick ist Gladstone ein raubeiniges Industrienest mit schmucklosen Häuschen. Nur die Pubs sind am Abend gut gefüllt. In der Kneipe bei meinem Hotel schwangen vergangene Nacht erst die Schnäpse und dann die Fäuste, bis der Sheriff den Tumult auflöste.

Ich klingele im Büro des Queensland Parks and Wildlife Service. Hier bin ich mit Bruce Knuckey verabredet, einem echten Insel-Ranger. Bruce öffnet die Tür. Im Gegensatz zum britischen Fake-Ranger ist sein Körper nicht athletisch, sondern bullig, das Gesicht von der Sonne krebsrot gebrannt. „Zeit für einen Kaffee“, ruft er und bittet mich herein.

„Wandern in der Natur, fischen im Meer“

Die Küche sieht aus wie ein Arbeitszimmer. Papiere liegen auf Tisch und Ablage verstreut, leere Kaffeetassen stapeln sich neben der Spüle. Er ist also der Mann, den alle beneiden? „Ganz offenbar“, lacht Bruce. Mit 14 Jahren hatte er zum ersten Mal die Idee, Ranger zu werden. Ein Traum, der sich zunächst nicht erfüllte. Nach der High School machte Bruce eine Mechanikerausbildung. Vier Jahre lang hielt er durch, dann hatte er genug. „Wandern in der Natur, fischen im Meer – das war schon immer das Tollste für mich.“

Bruce studierte Umweltmanagement und wurde Ranger. Seit über zehn Jahren hütet er die Lady-Musgrave-Insel am südlichen Ende des Great Barrier Reef, des größten Korallenriffs der Erde. Er beschneidet Bäume an Wanderwegen, errichtet Wegweiser. Und hält einen Zeltplatz instand.

Wie viele Tage in der Woche er dort draußen ist? Bruce lacht schallend. Alle vier Wochen fährt er mit dem Motorboot raus. Ein paar Tage nur, der Zeitplan ist straff. Tagsüber muss er arbeiten, nachts schläft er unter Deck. Und den Rest der Zeit? Bruce deutet auf die Unterlagen in der Küche. „Da hab ich einen Bürojob wie jeder andere auch.“ Der Traumberuf des Insel-Rangers ist eben auch nur: ein Traum.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!