Reform der Verwaltung: Ämter mit mehr Grips
Berlins Bürgerämter sollen ein „intelligentes Terminmanagement“ und damit besseren Service bekommen. Viele Pläne klingen fast utopisch.
Wir Berliner jammern ja gerne und sehen oft nur das Negative. Dabei haben wir wirklich schon eine Menge erreicht.“ Sabine Smentek, Staatssekretärin in der Senatsinnenverwaltung, hatte am Freitag die Presse zum Gespräch über die Lage in den Bürgerämtern der Stadt geladen – und auch wenn sie jede Menge gute Nachrichten mitgebracht hatte, musste sie sich erst einmal gegen potenzielle Kritik absichern. Das Thema ist bekanntlich ein Minenfeld.
Auf sechs, sieben, acht Wochen Wartezeit mussten sich BürgerInnen in den Jahren 2015/2016 einstellen, wenn sie einen neuen Reisepass beantragen oder ihre Meldeadresse ändern wollten. Die Komplettüberforderung der Ämter trug sehr zur Unzufriedenheit mit dem rot-schwarzen Senat bei. Eine der ersten Amtshandlungen der rot-rot-grünen Nachfolgeregierung war es dann auch, hier 120 neue Stellen zu schaffen.
Wie Smentek nun berichten konnte, blieb es nicht bei quantitativen Maßnahmen. Im Rahmen des „Leitprojekts Bürgerämter“ seien auch einheitliche Arbeitszeitschlüssel und standardisierte Abläufe geschaffen worden. Dank all dieser Verbesserungen habe sich die Wartezeit bis zu einem Bürgeramtstermin „um mehr als 200 Prozent reduziert“ – was mathematisch zwar wenig Sinn ergibt, aber so viel wie „ganz schön dolle“ bedeutet. „Inzwischen bekommen Sie stabil innerhalb von 14 Tagen einen Termin“, so Smentek. Befragungen von KundInnen in den Ämtern zeigten, dass viele das Personal für freundlich und kompetent hielten.
Aber es soll noch besser kommen: Ein „intelligentes Terminmanagement“ sei in Vorbereitung, sagte die Staatssekretärin, die im Haus von Senator Andreas Geisel (SPD) für Informations- und Kommunikationstechnologie zuständig ist. Da „intelligent“ unter anderem bedeutet, dass BürgerInnen mit einem Dienstleistungswunsch künftig Wunschtermin und Wunschort online anmelden können und dann per E-Mail oder SMS über freie Slots informiert werden, heißt das auch, dass das bisherige Management nicht gerade hochbegabt war.
Gar nicht mehr persönlich zum Amt
Tatsächlich leidet das ganze System laut Smentek heute noch darunter, dass „wir im Moment gar nicht genau wissen, was der echte Bedarf der Kunden ist“. Es gibt – noch – keine interne automatisierte Statistik, die auswerten würde, wie viele Menschen wann und wo welche Dienstleistung nachfragen. Ein landesweites Monitoring für die rund 40 Ämter in den 12 Bezirken soll das ändern. Richtig modern würde es aber erst, wenn ein weiterer Plan von Smenteks Verwaltung aufginge: „Wir arbeiten an einem Identifikationssystem, das es zulässt, dass Bürger gar nicht mehr persönlich im Amt erscheinen müssen.“ Andere Bundesländer seien da im Moment schon weiter als Berlin.
Zukunftsmusik gefällig? Der Senat denkt laut Smentek über eine Bundesratsinitiative nach, die der Bundesdruckerei ungeahnte Befugnisse einräumen würde – etwa die, Ausweise per Kurier direkt den neuen InhaberInnen zuzustellen. Klingt utopisch – noch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Toxische Bro-Kultur
Stoppt die Muskulinisten!
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Scholz telefoniert mit Putin
Scholz gibt den „Friedenskanzler“
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Wahlkampfchancen der Grünen
Da geht noch was