Präsident Macron rüstet kräftig auf

Mehr Ausgaben für Atom- und konventionelle Waffen im aktuellen Haushalt Frankreichs. Dazu könnte die Entwicklung neuer Nuklearsprengköpfe zählen. Zwei-Prozent-Ziel erreicht

Es geht immer ums Abschrecken. Hier Macron und Trump vereint und mit ihren Gattinnen, bei der Militär­parade am 14. Juli 2017 Foto: Yves Herman/reuters

Aus Paris Rudolf Balmer

Für Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron steht fest: Der politische Einfluss seines Landes in der Welt gründet auf der Fähigkeit, notfalls mit dem Einsatz von Atomwaffen zu drohen. Diese Waffen müssten erneuert werden, um als letzte Drohung glaubwürdig zu bleiben.

Auf diesem Credo in der militärischen Rüstungsfrage basiert auch das Programm, das Macron am Donnerstag dem Ministerrat vorgelegt hat. Bis 2025 sollen die Ausgaben für die Verteidigung einen Anteil von 2 Prozent am französischen Bruttoinlandsprodukt erreichen. Das hat er vor seiner Wahl den Militärs versprochen, die über mangelnde oder veraltete Bestände an Waffen, Flug- und Fahrzeuge und anderem Material klagen. Im vergangenen Juli war der von den Truppen respektierte bisherige Generalstabschef ­Pierre de Villiers aus Protest gegen die finanzielle Misere zurückgetreten.

Zwischen 2019 und bis 2025 sollen fast 300 Milliarden für die Streitkräfte ausgegeben werden. Das Verteidigungsbudget steigt zunächst von heute 34,2Milliarden Euro um jährlich 1,7 Mil­liar­den. Ab 2023 soll es um 3 Mil­liar­den pro Jahr aufgestockt werden. Mindestens 17 Milliarden sollen der technologischen „Innovation“ dienen, um so auch „für die Zukunft Frankreichs operationelle Überlegenheit“ sicherzustellen.

So wird unter anderem der Bau eines neuen Flugzeugträgers sowie die Entwicklung eines neuen Atomsprengkopfs für Flugzeugraketen in Betracht gezogen.

Indes, die Militärs bleiben skeptisch. Zu oft hatten Macrons Vorgänger ihre Versprechen nicht gehalten. Wie die Zeitung Ouest-France analysiert, dürfte am Ende für die Streitkräfte de facto nicht mehr Geld herausspringen: Die bisher von anderen Ministerien getragenen Kosten für Auslandseinsätze (wie zum Beispiel in Mali oder Syrien und Irak) werden neu in den Verteidigungsetat integriert. Derzeit sind 450 Millionen Euro dafür budgetiert, bis 2020 sollen für militärische Interventionen 1,1 Milliarden Euro ausgegeben werden. Ein wichtiger Teil der zusätzlichen Gelder soll zudem in das Atomarsenal fließen, wovon die unzufriedenen Angehörigen der Armee, der Marine und der Luftwaffe nur indirekt profitieren.

Die Atombombe zur militärischen Abschreckung aber bleibt für die französische Staatsführung eine politische Priorität. Mit ihr und dem Sitz im UN-Sicherheitsrat verteidigt Frankreich seinen Rang in der Welt. Darum möchte Macron, dass der Aufwand für den Unterhalt und die Erneuerung der Nuklearwaffen von jährlich 3,6 auf 6 Mil­liar­den Euro fast verdoppelt wird. Diese zusätzliche Anstrengung geht auf Kosten der konventionellen Ausrüstung und Bewaffnung.

Die Atombombe zur militärischen Abschreckung bleibt für Macron politische Priorität

Wie Libération dazu kritisch anmerkt, wurde die Abschreckungsdoktrin seit dem Ende des Kalten Kriegs nie wirklich zur Diskussion gestellt. Höchstens als Jacques Chirac 1995 neue unterirdische Tests durchführen ließ, regte sich lebhafter Widerstand.

Heute scheint im Gegenteil die Atom-Doktrin im Kontext einer zunehmend unberechenbaren Entwicklung und der Verbreitung der Atomwaffen in Konfliktzonen (Pakistan, Nordkorea, Israel) eine erneute Aktualität und Glaubwürdigkeit zu erhalten. Mehr denn je wird seit Donald Trumps Wahl auch die europäische Unabhängigkeit gegenüber den USA in der Verteidigung unterstrichen.

Frankreichs Kernwaffenarsenal beruht auf derzeit rund 300 Sprengköpfen, die von U-Booten oder Flugzeugen transportiert werden können. Ein militärisches Geheimnis bleibt es, ob die geplante „Innovation“ auch die Entwicklung von taktisch einsetzbaren „Miniatomwaffen“ beinhaltet, wie sie die USA und Russland bereits besitzen.