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: „Flash Crash“ schockt Börsianer weltweit

Kurssturz an der Wall Street schickt auch die Aktien in Europa ins Minus. Doch Panik bei Anlegern ist nicht angezeigt: Die Kurse setzen ihren Anstieg wohl bald wieder fort

Das Neue

Wegen eines heftigen Kurssturzes an der New Yorker Wall Street wackeln weltweit die Börsen. Der US-Leitindex Dow Jones war am Montag zeitweise um 1.600 Zähler abgesackt – innerhalb von 15 Minuten allein 800 Punkte. Am Ende gab es ein Minus von 4,6 Prozent. Zuletzt war es 2011 derart mit den Kursen bergab gegangen. Später rauschte auch der japanische Nikkei-Index um 4,7 Prozent nach unten. Ihm folgten die Börsen in Paris, Mailand und London, die mit jeweils gut 3 Prozent im Minus starteten.

Der deutsche Leitindex DAX rutschte am Dienstag in der Spitze um 3,6 Prozent ab – so viel wie seit eineinhalb Jahren nicht. Experten machten computergenerierte Aktienverkäufe für die Kursabstürze verantwortlich. Werden bestimmte Kursmarken nach unten durchbrochen, stoßen Computerprogramme blitzschnell Papiere ab, um Anleger vor großen Verlusten zu schützen. Diese „Stop-Orders“ verstärken Kurssenkungen. Börsianer bezeichnen das Phänomen als „Flash Crash“.

Der Kontext

Auslöser der Verkaufswelle waren neue Daten zu hohen Lohnsteigerungen in den USA. Arbeitnehmer freuen sich über mehr Geld auf dem Konto, doch für Aktienhändler sind Lohnsteigerungen ein Anzeichen für Inflation. Diese würde die US-Notenbank Fed zwingen, ihre Leitzinsen schneller als geplant zu erhöhen, um Preissteigerungen zu dämpfen. Steigende Zinsen gefallen wiederum Investoren nicht – sie verteuern Kredite – und hemmen so das Wachstum. Weltweit versuchen derzeit viele Zentralbanken, ihre Ökonomien durch niedrige Zinsen und die Flutung der Märkte mit Geld anzukurbeln. Das führt seit neun Jahren zu steigenden Aktienkursen, Sparer leiden. Die Fed steigt gerade aus dieser Politik aus und hebt ihre Zinsen moderat an. In Europa sind steigende Zinsen vorerst nicht absehbar.

Die Reaktionen

US-Präsident Donald Trump, der seit Monaten mit dem Börsenboom als Erfolg seiner Politik prahlt, äußerte sich ausnahmsweise nicht dazu. Dagegen sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der Crash zeige, dass „wir in unsicheren Zeiten leben“. Viele Börsenexperten sahen das gelassener: Die Deutsche Bank empfahl Anlegern, die Füße still zu halten. Die Aktienkurse würden „am Jahresende höher stehen als heute“. Grund für den Optimismus: Ein wichtiges Krisensignal blieb aus – steigende Goldpreise. Die Anleger setzten nicht auf den „sicheren Hafen“ Gold, sondern warteten, um bald wieder relativ günstig Aktien zu kaufen. Auch die boomende Realwirtschaft weltweit spricht gegen einen langanhaltenden Crash. Am Dienstag ging die Börsenparty weiter: Zum Start des Tages in den USA zog der Dow Jones um 1,4 Prozent an.

Die Konsequenz

Leiden musste Griechenland. Ein wichtiger Test des Krisenstaats für die Rückkehr an die Kapitalmärkte wurde verschoben: Die Regierung in Athen beschloss, eine Staatsanleihe später als geplant auf den Markt zu werfen. Kai Schöneberg

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