: Ozon löst sich in Luft auf
Hohe Ozonwerte sind nach Auskunft des Landesumweltministeriums seltener geworden. Der BUND in NRW kritisiert die derzeit geltenden Grenzwerte als zu hoch und nicht aussagekräftig
VON ISABEL FANNRICH
Rot-Grün bekommt ein indirektes Lob: Hohe Ozonwerte sind in Nordrhein-Westfalen seltener geworden als noch vor 15 Jahren. Wie das Landesumweltministerium in Düsseldorf mitteilte, könne es während heißer Spätsommertage immer noch „örtlich zu Ozonspitzen“ kommen. „Das ist aber immer weniger der Fall“, sagte Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU). Die Maßnahmen des Landes hätten Wirkung gezeigt: „Industrie, Gewerbe und Verkehr setzen immer weniger Ozonvorläuferstoffe frei. Die Ozonspitzenwerte sind in NRW stärker zurückgegangen als in anderen Teilen Europas.“
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bestätigt diese Entwicklung, spricht sich aber gegen eine Entwarnung aus. „Es ist richtig, dass wir so hohe Belastungen nicht mehr haben“, sagt Dirk Jansen, Sprecher des Landesverbandes. „Das Problem ist aber nicht gelöst.“ Bislang wurde in diesem Jahr zehn Mal der gesundheitsbedenkliche Wert von 180 und einmal der von 240 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft überschritten.
Die überraschende Nachricht basiert auf Forschungen des Landesumweltamtes in Essen, des Rheinischen Instituts für Umweltforschung und der Uni Köln. Das Landesumweltamt verglich die „meteorologisch bereinigten“ Daten des heißen Sommers 2003 mit denen von 1990 und fasste dabei besonders den stark belasteten Kölner Raum und das nördliche Ruhrgebiet ins Auge. „Die Spitzenwerte waren 2003 um 20 bis 30 Prozent niedriger als 1990“, sagt Peter Bruckmann vom Landesumweltamt. Gebiete mit hohen Ozonwerten seien „um mehr als die Hälfte kleiner“ gewesen als noch vor 15 Jahren. Logische Folge, so Bruckmann: Im Juli 2003 herrschten an weniger Tagen Spitzenwerte vor. „Die Ozonwerte sind in NRW zwar nicht stärker als in anderen Bundesländern gesunken, aber stärker als in anderen europäischen Regionen“, sagt der Luftexperte. In dem „Gürtel mit hoher Ozonkonzentration“, der sich von Paris über NRW bis nach Baden-Württemberg ziehe, hätten die deutschen Gebiete von einer stärkeren Reduzierung der Ozon-Vorläuferstoffe profitiert.
Nach Angaben der Landesregierung wurden seit 1990 die Stickstoffoxidemissionen um 45 Prozent und die der flüchtigen organischen Verbindungen um mehr als 50 Prozent gemindert. Konkrete Maßnahmen: Die Emissionen von Kraftwerken wurden verringert, an Tankstellen werden Kraftstoffdämpfe aufgesaugt. In Lacken finden sich weniger Lösungsmittel. Und PKW-Katalysatoren halten die Luft unter dem Strich sauberer.
Der BUND kritisiert nun vor allem die hohen Ozon-Grenzwerte. So schlagen die Medien erst ab 180 Mikrogramm Alarm. Ab Werten über 240 Mikrogramm wird vor „ungewohnten körperlichen Anstrengungen“ gewarnt. „Empfindliche Menschen reagieren aber bereits auf Werte von 80 Mikrogramm“, sagt BUND-Sprecher Jansen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO orientiere sich an dem deutlich niedrigeren Grenzwert von 120 Mikrogramm.
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