das portrait
: Der Galerist David Zwirner ist auf dem Weg zur Nummer eins der Welt

Foto: Christina Horsten/dpa

Es muss nicht unbedingt interessieren, wenn eine Galerie 25 Jahre alt wird. Spannend wird es allerdings dann, wenn sie in dem Vierteljahrhundert ihres Bestehens drauf und dran ist, die Nummer eins der Welt zu werden. Der Umsatz dieser Galerie liegt dann, konservativ geschätzt, über einer halben Milliarde Dollar im Jahr – und das sagt nicht nur etwas über die Geschäftstüchtigkeit des Galeristen aus. Sondern noch mehr über die Entwicklung des Reichtums in Zeiten der Globalisierung.

Den daraus resultierenden Kunstmarktboom der letzten Dekaden wusste David Zwirner für sich zu nutzen. Sein 25-jähriges Geschäftsjubiläum feiert er mit der Eröffnung einer Dependance in Central Hongkong. Gleichzeitig plant Renzo Piano an der 21. Straße 540 West seine vierte Galerie in New York. Für 50 Millionen Dollar entsteht in Chelsea, wo vor drei Jahren erst der Neubau des Architekten für das Whitney Museum of American Art eröffnete, ein neues fünfstöckiges Galeriehaus.

Es könnte leicht sein, dass Piano für eine Dynastie plant. David Zwirner wurde 1964 in Köln geboren und wuchs über der Galerie seines Vater Rudolf Zwirner auf, die in den 1970er bis 1990er Jahren eine der maßgeblichen europäischen Galerien für zeitgenössische Kunst war. David Zwirner hat diese Galerie nicht wirklich fortgeführt. Ursprünglich interessierte ihn die Musik, nicht die Kunst. Mit einem Demoband auf dem er Charlie Parkers „Ornithology“ auf dem Schlagzeug spielte, bewarb er sich an der New York University für ein Musikstudium und wurde angenommen. Als er feststellte, dass er bei den ganz Großen nie mitspielen wird, wechselte er ins Musikmanagement. Und als er auch dort nicht glücklich wurde, ermutigte ihn sein Vater, doch Galerist zu werden.

Am 3. Februar 1993 dann machte sich David Zwirner mit einer eigenen Galerie in Soho selbstständig. Von der ersten Ausstellung mit dem österreichischen Künstler Franz West wurde kein einziges Stück verkauft. Doch danach ging es los. Heute kann der 53-jährige Galerist dem Reporter des New Yorker– wie dieser bemerkt, in einem noch immer hörbaren deutschen Akzent – erklären: „Niemand verkauft die teuren Sachen in einer solchen Frequenz wie wir. Die Industrie erlebt ihr Goldenes Zeitalter. Als ich 1993 eröffnete, gab es ein paar hundert Galerien und ein paar hundert Sammler. Jetzt haben wir ein paar tausend Galerien und auch ein paar tausend Sammler. In diesem Klima will man natürlich ein Unternehmen aufbauen. Man hat ja den Wind im Rücken“.

Und eine ganze Menge guter Künstler wie Isa Genzken, Yayoi Kusuma, Bridget Riley, Luc Tuymans oder Jeff Koons, um nur einige zu nennen. Insgesamt sind es 50, darunter Topseller wie Marlene Dumas oder Lisa Yuskavage, und auch etliche Künstler und Künstlerinnen, die Zwirner anderen Galeristen wie Marian Goodman oder seinem schärfsten Konkurrenten Larry Gagosian, noch die internationale Nummer eins, abgeworben hat.

Als David Zwirner seine Galerie eröffnete, schloss Rudolf Zwirner seine. Er wollte, wird er kolportiert, seinem Sohn keine Konkurrenz machen. David Zwirner hat mit seinem Sohn Lucas ein anderes Arrangement getroffen: Der betreut den 2014 gegründeten Galerie-­eigenen Kunstbuchverlag David Zwirner Books. Der passt ins Image der Zwirners: intellektuell, geerdet, deutsch, womit sich David Zwirner bis heute vom reichlich flamboyanten Larry Gagosian absetzt. Auch und gerade der Sohn schätzt diesen Stil, wie er der FAZ preisgibt. Ein triftiges Argument dafür, dass die Geschichte der ­Zwirners wirklich auf eine Dynastie hinauslaufen könnte. Brigitte Werneburg