Hajo Schiff
Hamburger Kunsträume
: Erfolgreich unbekannt

Wenn ein Künstler die Verweigerung in das Zentrum seiner Arbeit stellt, ist die Tatsache, dass er kaum bekannt ist, eigentlich ein schöner Erfolg. Dabei hat H. D. Rühmann immerhin zweimal spektakulär in Hamburg für Aufsehen gesorgt: Selbst die Boulevardblätter berichteten begeistert und mit üblichem Unverständnis 1985 über die 10-tägige geistige Raumfahrt in einer Holzkiste über der Kunsthalle.

Und 1993 irritierte die nach der Zurschaustellung des gefolterten Christus „Ecce Homo“ benannte 60 Meter hohe Installation des kopfüber gezeigten nackten Künstlers aus 5.000 Direkt-Fotokopien am Turm der kriegszerstörten Nicolaikirche. Beide gegen heftige Widerstände organisierte Aktionen haben in der Präsentation stellvertretenden Künstler-Leidens indirekt einen religiösen Hintergrund und in der Umkehrung der endlosen ökonomischen und technischen Expansion in eine kontemplative, rezipierende Innerlichkeit einen deutlichen Bezug zur deutschen Romantik.

Mit Fotos von damals und etlichen Schriftbildern macht jetzt die Freie Akademie bis Anfang März noch einmal auf den 1939 geboren Hamburger und seine konsequente, von Zweifel, Trauer und Verdruss geprägte Arbeit aufmerksam. H. D. Rühmann hat etwas von einem unerhörten Propheten, dessen negative Botschaften allerdings das Publikum vergraulen.

Zuletzt hat er seine Arbeit unter das Motto „Die Büchse der Pandora“ gestellt. Doch selbst wenn dies nur eine riesengroße Konservendose ist, möchte sicher niemand dieses Geschenk öffnen – dazu sind die Erfahrungen in dieser zum Mythos gewordenen alten Geschichte zu schlecht, auch wenn die Ambivalenz dieses als üble Gabe sprichwörtlich gewordenen Gefäßes meist vergessen wird. Dabei wäre es in Zeiten millionenteurer glattgeputzter Mainstreamkunst einerseits und völlig abgehobenen Kunsthochschul-Philosophemen andererseits durchaus sinnvoll, auf die basischen Themen Rühmanns zu hören: existenzielle Einsamkeit und grundlegender Technologiezweifel.