Streit in der AfD Niedersachsen eskaliert: Ex-Landeschef klagt gegen Absetzung
Nach seiner Amtsenthebung durch den AfD-Bundesvorstand hat Armin-Paul Hampel Klage gegen die Entscheidung eingereicht.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Wilhelm von Gottberg sagt über Hampel folgendes: „Er ist ein national denkender Mensch“, aber in Gutsherrenmanier und unter Missachtung von Beschlüssen und Satzung könne kein Landesverband geführt werden.
Die Niederlage traf Hampel: Menschlich wäre er enttäuscht, sagt er nach der Entscheidung am vergangenen Freitag. Doch am Montag signalisierte er schon wieder trotzig Kampfeswille. Den Beschluss will er rechtlich anfechten. Er hat Klage vor dem Bundesschiedsgericht der Partei eingereicht. Das solle nun prüfen, ob seine Absetzung rechtens gewesen sei.
Er beklagt, dass er vom Bundesvorstand vorab nicht informiert worden ist. Nicht einmal angehört wurde er zur Sache. Im Bundestag hätte er noch mit dem Bundesvorsitzenden und Parteichef Alexander Gauland über einen Brief von über 100 AfD-Mitgliedern gesprochen, sagt er, die Gauland baten, Hampel in Niedersachsen zu unterstützen.
Auf der Bundesvorstandssitzung am vergangenen Freitag hatte die nötige Mehrheit offensichtlich mehr als genug von den anhaltenden Vorwürfen, persönlichen Unterstellungen und personellen Intrigen im Landesverband Niedersachsen. Am Abend veröffentlichte der Vorstand, dem Gauland und Jörg Meuthen gemeinsam vorstehen, den Beschluss. Kurz und schmerzlos: „Mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit beschlossen, den Vorstand des AfD-Landesverbandes Niedersachsen gemäß Paragraf 8 (1) (a) Bundessatzung seines Amtes zu entheben, weil dieser schwerwiegend gegen die Grundsätze beziehungsweise die Ordnung der Partei verstoßen hat.“ Die Ordnungsmaßnahme trete „sofort in Kraft“.
Oliver Westphal, Vizevorsitzender der AfD Niedersachsen
Ein harter Schritt des Bundesvorstandes. Die Bundesführung will aber die Partei in Gänze eigentlich professionalisieren, heißt es. In dem Milieu rechts von der Union und links von der NPD wurde schon lange der Traum gehegt eine „national-konservative“ Partei fest zu etablieren. Der platzte oft an der Egomanie des Personals und/oder der Inkompetenz, Politik zu organisieren und zu gestalten.
Ein Alptraum für dieses Milieu. Ein Alptraum, der im Norden zuletzt die Partei Rechtsstaatliche Offensive von Ronald Barnabas Schill vorführte – von der Regierungsbeteiligung an der Elbe bis zum Absturz in die Bedeutungslosigkeit.
Keine Überraschung, dass jetzt offensichtlich unter der Führung von Meuthen die Mehrheit gegen Hampel im Bundesvorstand gefunden wurde. Die drastischen Maßnahmen gegen Hampel hatte Meuthen schon in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung angekündigt. Er sprach von „einer wirklich üblen Zerstrittenheit“ des Landesverbandes, die die politische Arbeit vor größere Probleme stelle. Und er deutete an, ein Neuanfang ginge nur mit neuem Personal.
Parteichef Meuthen rechtfertigt die Absetzung Hampels: „Spätestens die Absage des Parteitags war mit unseren Regeln nicht mehr vereinbar.“ Dem Rechtsstreit mit dem geschassten Landesvorsitzenden sehe er gelassen entgegen. Dessen Kandidatur auch: „Bei einer Neuwahl kann sich jeder stellen, auch Herr Hampel.“ Nicht ganz so lässig bleibt der Vize-Vorsitzende Oliver Westphal: „Wenn wir weiterhin die rote Laterne in Deutschland haben wollen als AfD-Landesverband, müssen die Mitglieder Herrn Hampel wiederwählen.“
Der Verband ist seit über einem Jahr zutiefst zerstritten
Seit über einem Jahr ist der Verband zutiefst zerstritten, sozusagen ein Streit in mehreren Akten. Erster Akt: Der von Hampel äußert kurzfristig abgesetzte Sonderparteitag am 13./14. Januar. Seine Kritiker, der Bundestagsabgeordnete von Gottberg und Niedersachsens Landesvize Jörn König sowie Vizevorsitzender Westphal und Dana Guth, hatten den Parteitag angestrebt, auch um über eine Abwahl Hampels zu entscheiden.
Zweiter Akt: staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, weil Parteimitglieder Hampel unterstellten, Parteigelder nicht richtig verwendet zu haben. Ermittler durchsuchten das Privathaus Hampels. Dritter Akt: Der frühere Schatzmeister mahnte die schlechte Kassenführung Hamples an, für die er unter anderen die „exorbitante Mehrkosten für Alkohol und Verpflegung“ des Vorstands als Grund nannte. – Der letzte Akt war dies vermutlich nicht. Der nächste dürfte spätestens auf dem Sonderparteitag in Niedersachsen folgen. Doch für den gibt es noch keinen Termin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“