Armut konzentriert sich weiter

Die sozialräumliche Spaltung hat in Bremen zugenommen, sagt eine neue Studie der Arbeitnehmerkammer

Von Simone Schnase

Das Armutsrisiko im Land Bremen ist von knapp 25 Prozent im Jahr 2015 auf knapp 23 Prozent im Jahr 2016 gesunken, aber: Das Armutsrisiko von Kindern ist gestiegen, von 34,2 Prozent auf 36,6 Prozent. Und der Anteil armer Menschen wächst ausschließlich in jenen Stadtteilen weiter an, in denen ohnehin die meisten Armen leben. Das geht aus einer neuen „KammerKompakt“-Studie der Arbeitnehmerkammer hervor.

Konkret bedeutet das: In Blumenthal, Gröpelingen und Huchting, wo mit über 20 Prozent ein sehr hoher Anteil von Menschen lebt, die auf staatliche Leistungen angewiesen sind, ist die Zahl der Leistungsberechtigten in den vergangenen zwei Jahren am stärksten angestiegen. In Schwachhausen, Horn-Lehe oder der östlichen Vorstadt kann keine verschlechterte, dafür teilweise eine verbesserte Entwicklung festgestellt werden.

Gleiches gilt für Bremerhaven: In den Quartieren Goethestraße, Grünhöfe und Klushof, in denen der Anteil von Leistungsberechtigten sogar bei über 30 Prozent liegt, hat sich die Zahl ebenfalls weiter erhöht. Stadtteile wie Buschkämpen, Eckernfeld oder Speckenbüttel entwickeln sich hingegen stabil oder verbessern sich.

„Sozialräumliche Spaltung“ nennt sich das und ist für Thomas Schwarzer, Referent für kommunale Sozialpolitik bei der Arbeitnehmerkammer, ein deutliches Warnsignal: „In Gröpelingen und Blumenthal hat die Zahl zusätzlicher Kinder im Leistungsbezug um mehr als 500 zugenommen – das ist für die Quartiere kaum mehr zu bewältigen.“ Eine Ursache sieht er in der Stadtentwicklung: „Bremen wächst, Immobilien und damit die Mieten werden teurer und Wohnraum wird knapper.“ Die Konsequenz: Arme Menschen bleiben in armen Quartieren, viele ziehen zusätzlich dort hin, denn, so Schwarzer: „Dort bewegt sich nicht viel.“

Das hält zwar die Mietpreise niedrig, aber: Die Wohnungen sind oft in sehr schlechtem Zustand, die ärztliche Versorgung ist miserabel (taz berichtete), es gibt zu wenig Kita-Plätze und Ganztagsangebote für Kinder, zu wenig Integrationsprogramme, zu wenig Berufsschulen, zu wenig Bildungsangebote insgesamt – auch zu wenig Qualifizierungsangebote für Langzeitarbeitslose. „Da muss sehr schnell massiv investiert werden“, sagt Schwarzer.

Das Wohnungsbauförderungsprogramm mit einer verpflichtenden Sozialwohnungsquote von 25 Prozent hält er für richtig, „aber die bezieht sich auf Neubauten – es dauert lange, bis das wirkt und geht an bestehenden Quartieren vorbei.“ Er plädiert deswegen dafür, der städtischen Gewoba Belegrechte auch für Viertel einzuräumen, die nicht neu sind, zum Beispiel durch Ankäufe: „Sie könnte aber auch als Mieter auftreten, damit ärmere Menschen auch in besser situierten Stadtteilen Wohnraum finden können.“