das portrait
: Hollywoodstar Cate Blanchett spielt Hauptrolle bei Film-
festspielen in Cannes

Foto: Francois Mori/dpa

Wenn es eine unmittelbar einleuchtende Illustration des englischen Rechtssatzes der „zwei Körper des Königs“ gibt, dann ist es genau die Wandlung, die Cate Blanchett als Titelheldin in Shekhar Kapurs Historienfilm „Elizabeth“ aus dem Jahr 1998 durchläuft. Die von ihr gespielte Königin Elisabeth I. von England sieht man zunächst als lebhafte, leidenschaftliche und selbstbewusste Frau, die irgendwann zur Kenntnis nehmen muss, dass sich im Amt wenig Raum zur Entfaltung für ihre Weiblichkeit bietet. Mit maskenhaft weiß geschminktem Gesicht und nach dem Vorbild der Jungfrau Maria geschnittenem Haar besteigt Blanchett schließlich als „Virgin Queen“ Elisabeth den Thron, als eine Königin, die ganz in ihrer politischen Funktion aufgeht, damit ihrem weltlichen Körper entsagt und nur noch Regentinnenkörper ist.

Die Rolle brachte der 1969 geborenen australischen Schauspielerin den internationalen Durchbruch. Starke, gebrochene Frauenfiguren sind seither eine der Spezialitäten Blanchetts, die in ihrem Lächeln mit den leicht zugekniffenen Augen stets eine Verletzlichkeit ihrer Figuren abzupanzern scheint. Dass Woody Allens „Blue Jasemine“ (2013) zu einem der besseren Beiträge in seinem Spätwerk gehört, liegt zuallererst an Blanchetts oscarprämierter Hauptfigur, die mit apathischen Blicken ins Leere einfach nicht zur Kenntnis nehmen will, wie ihr die Wirklichkeit abhanden kommt. Mit einer tragischen Komik, die einem irgendwann das Lachen im Hals arretiert.

Fast noch toller ist ihre Titelrolle in Todd Haynes „Carol“ (2015) als frustrierte Dame der New Yorker Oberschicht in den fünfziger Jahren, die eine skandalträchtige Liaison mit der jüngeren Warenhausverkäuferin Therese (Rooney Mara) eingeht. Ihrer Geliebten bleibt diese Carol in ihrer souveränen Entrücktheit und distanzierten Hingabe ebenso fremd wie dem hilflosen und wenig verständnisvollen Noch-Gatten.

Blanchetts entwaffnende Unnahbarkeit eignet sich auch ganz vorzüglich für besondere Aufgaben im Mainstream-Kino. Eine magischere Elbenkönigin als ihre elegant durchscheinende Galadriel etwa, die sie sowohl in Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Trilogie als auch in dessen „Hobbit“-Verfilmungen gab, wird man so bald nicht finden.

Als nächste große Rolle, diesmal außerhalb der Leinwand, steht das Amt als Jury-Präsidentin der Filmfestspiele in Cannes an. Blanchett zeigte sich geehrt und erfreut über das Privileg. Eine engagierte Jury-Präsidentin, als die sie der Festival-Präsident Pierre Lescure begrüßte, wird sie mit Sicherheit sein: Blanchett war eine der ersten Schauspielerinnen, die sexuelle Übergriffe in Hollywood öffentlich kritisierten, und zählt zu den Mitgründerinnen der jüngst ins Leben gerufenen Initiative „Time’s Up“, mit der mehr als 300 Hollywoodstars gegen sexuellen Missbrauch angehen und sich für Geschlechtergleichheit in Filmstudios und Talentagenturen einsetzen. Chapeau!

Tim Caspar Boehme