Augen auf beim Karpfenkauf!

Die Mär vom heimischen Weihnachtskarpfen

Von Simone Schnase

200 Karpfen sind einfach weg. Geklaut. Auf einen Streich. Und das zur Weihnachtszeit, der Hochzeit des Karpfengeschäfts. Die Beklaute Henrike Mahrt, Besitzerin der Noorfischerei am Windebyer Noor im Kreis Rendsburg-Eckernförde ist verärgert, aber wenig überrascht: Das sei nicht ungewöhnlich, sagt sie. Es gebe Teiche, die komplett leergepumpt würden. Tonnenweise Fisch werde da gestohlen. Auch nicht ungewöhnlich sei die Herkunft der gestohlenen Fische: Die kamen nämlich aus Brandenburg.

Weil es nämlich in diesem Jahr zu wenig Karpfen gab im Windebyer Noor, haben die Mahrts einfach welche bestellt. Die wurden dann fürs gute Gelingen des Weihnachtsgeschäfts lebend mehrere hundert Kilometer durch Deutschland gekarrt und im Noor wieder ausgesetzt. „Auf Nachfrage“ sage man den Kunden auch, dass es sich um Brandenburger Karpfen handele, sagt Mahrt. Die Satzkarpfen, also junge Tiere, die erst noch fett werden müssen, kämen schließlich auch aus Brandenburg: „Wenn wir die verkaufen, dann natürlich als Karpfen aus dem Noor.“

Und das ist auch erlaubt, sagt Gudrun Köster von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein: „Die Aufzucht hat ja im Noor stattgefunden.“ Bei Aquakultur und Teichwirtschaft, um die es sich bei der Karpfenzucht handele, müsse lediglich das Land genannt werden, in dem der Fisch entweder die Hälfte seines Lebens verbracht oder mehr als die Hälfte seines Gewichts zugelegt habe: „Käme der Karpfen aus Dänemark und nicht aus Brandenburg, dann müsste das angegeben werden.“

Henrike Mahrt ist sich sicher, dass es ihren KundInnen egal ist, woher der Fisch stamme: „Die wollen einfach bloß ihren Karpfen zu Weihnachten und wenn sie ihn nicht bekommen, kaufen sie nie wieder bei uns.“ Gudrun Köster sieht das anders: „Natürlich gehen die Verbraucher davon aus, dass es sich um heimischen Fisch handelt.“ Das sei so ähnlich wie bei den Eiern: Da steht auf der Packung, sie kämen aus Deutschland, aber auf dem Stempel steht dann, sie kämen aus den Niederlanden. „Verbindlich ist bloß der Stempel – aber das wissen viele Menschen gar nicht; die vertrauen doch darauf, dass sie Eier aus Deutschland oder sogar aus der Region kaufen.“

Köster sieht in der schwammigen Kennzeichnungspflicht für den vermeintlich regionalen Weihnachtskarpfen „eindeutig eine Gesetzeslücke“. Hier, sagt sie, sei der Verbraucher gefordert, beim Kauf kritisch nachzufragen: „Leider!“