Bernd Pickert über Trumps Sicherheitsstrategie: Maximale Abgrenzung
Vermutlich ist die nationale Sicherheitsstrategie der USA, die Präsident Donald Trump am Montag vorgestellt hat, das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist. Das wäre noch nicht einmal ungewöhnlich: Dass die Präsidenten so ein Papier vorlegen müssen, basiert auf einem uralten Kongressbeschluss. Die tatsächliche Außen- und Sicherheitspolitik entwickelt sich indes meist in Reaktion auf aktuelles Weltgeschehen – unabhängig davon, was in den Papieren steht.
Dennoch ist dieser Fall besonders. Denn im Unterschied zu allen Präsidenten der letzten Jahrzehnte hat Trump die Veröffentlichung des Papiers mit einer Ansprache verbunden – und seine Rede weicht inhaltlich teilweise deutlich von dem ab, was in dem Papier steht. Das passt zu Trumps bisherigem außenpolitischen Verhalten – es folgt in aller Regel keiner wirklichen Strategie, sondern ist getrieben von innenpolitischen Motiven und der aktuellen Twitterlage.
Ganz irrelevant ist das Papier dennoch nicht. Denn so erratisch und unberechenbar sich Trump auch gibt, so sehr sind doch zwei Linien in seiner Politik erkennbar, die sich auch durch das vorgelegte Dokument ziehen: Er möchte zumindest so tun, als seien seine Wahlversprechen unter dem „America First“-Motto kohärent und umsetzbar – egal, was irgendwelche Experten selbst aus den eigenen Reihen dazu sagen. Und: Er will die maximale Abgrenzung zu all seinen Vorgängern, insbesondere zu Barack Obama.
Der war nun aber tatsächlich der Erste, der die US-Definition von nationaler Sicherheit auf einen leidlich modernen Nenner gebracht hatte und beispielsweise ökologische Bedrohungen mit aufgenommen hatte. Trump macht das alles rückgängig, erst in der Praxis und nun, mit dem vorgelegten Dokument, auch in der Theorie. Die USA sind dabei, in ihrer offiziellen Weltsicht einige Jahrzehnte Entwicklung nicht mehr zur Kenntnis nehmen zu wollen. Damit muss der Rest der Welt dann wohl weiterhin kopfschüttelnd klarkommen.
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