Kito NedoSchaut sich in Berlins Galerien um:
In New York demonstrierten neulich lautstark Antigentrifizierungsaktivist*innen während der Eröffnung einer Laura Owens Retrospektive im Whitney und prangerten die Künstlerin (und ihre Galerie) als böse Agenten der Gentrifizierung im Stadtteil Boyle Heights in Los Angeles an. Zu vergleichbaren Szenen ist es in Berlin vermutlich noch nicht gekommen. Allerdings hat der Künstler Ingo Gerken schon mal vorsorglich (symbolisch und sehr künstlerisch) eine Scheibe des Projektraumes Spor Klübü im Wedding eingeworfen und beendet damit den sechsteiligen, thematischen Ausstellungszyklus „Changes on the fly“. Man muss wahrlich kein Hellseher sein um darüber zu spekulieren, dass die Rolle, welche Projekträume, Künstler, Sammler und Galerien bei Aufwertungsprozessen in bestimmten Stadtvierteln spielen, in Zukunft auch in Berlin viel kontroverser diskutiert werden wird (bis 9. 12, Info-Tel.: 0179 8593744, täglich. 15–18 Uhr, Freienwalder Str. 31).
Nach Krawall riecht es auch bei Koch Oberhuber Wolff (KOW). Ahmet Öğüts dortige Debütausstellung „Hotel Résistance“ feiert die Kunst des Widerstands, unter anderem mit modellhaften Skulpturen von Häusern, deren renitente Besitzer sich gegen ihre Abräumung durch die Investorenbagger wehren und so große Bauprojekte blockieren. Öğüt spielt das Protestthema geschickt über die Klaviatur der verschiedenen künstlerischen Medien, von der bronzenen, realistisch-figurativen und schon länger aus der Mode gekommenen „drop sculpture“ (Abwurfskulptur) im Mittelformat bis zum im öffentlichen Raum projizierten Anime-ähnlichen Trickfilm, in dem das Schicksal von Demonstranten nachgezeichnet wird, die von Polizeitränengasgeschossen tödlich getroffen wurden (bis 28. 1., Mi.–So. 12–18 Uhr, Brunnenstr. 9).
Auf die Frage, wie wir leben wollen, lieferten modernistische Architekten wie der Österreicher Rudolph Schindler oder sein Kollege Richard Neutra bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren Häusern ziemlich überzeugende Antworten. In seiner großartigen raumfassenden Installation „As he remembered it“ nähert sich der Musiker und Künstler Stephen Prina in der Galerie Capitain Petzel den Vertretern der kalifornischen Moderne. Den Anstoß gab ein offensichtlich aus einem Haus herausgerissenes und pink lackiertes Schindler-Möbel, das der Künstler einst bei einem nächtlichen Spaziergang in L.A. in einem hell erleuchteten Schaufenster entdeckte. Die Schau erinnert daran, dass man die Frage nach dem modernistischen Erbe nicht nur designhistorisch, sondern auch politisch stellen kann (bis 13. 1., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Karl-Marx-Allee 45).
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