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was tun in hamburg?

Sa, 9. 12., 20.15 Uhr, Lichthof-Theater

Borchert musicalisiert

Seit ein paar Jahren ist es in Bahrenfeld das Alternativprogramm zum Weihnachtsmärchen: Theaterkomponistin Eva Engelbach und Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner Marcel Weinand verwandeln Stoffe, die sich auf den ersten Blick kaum eignen, in schwarzhumorige Singspiele. Nach „Honka – Frauenmörder von Altona“ und „Rebekka – völlig frei nach Hitchcock“ hat das Duo dieses Jahr Wolfgang Borcherts Kriegsheimkehrerdrama „Draußen vor der Tür“ musicalisiert. Maximale Freiheit haben sie sich auch diesmal gelassen: Beckmann gerät ins Getümmel rund um die Nachkriegs-Reeperbahn, wo die kollektive Verdrängung zum zweifelhaften Nacht-Vergnügen wird – bis zum Morgen-Grauen. Borcherts Kern aber haben sie unangetastet gelassen: Auch das Musical erzählt vom Außenseiter, dem die Gesellschaft keinen Raum lässt.

So, 10. 12., 16.30 Uhr, Fabrik

Jazz erklärt die Kellerassel

Noch ganz grün hinter den Ohren ist die kleine Eule. Aber dann lockt diese ferne Musik, und sie macht sich auf die Reise durch die Genre-Welten. Auf dem Festival-Zeltplatz trifft sie den Rock-Maulwurf, den Jazz erklärt ihr, klar, eine Kellerassel, den Hip-Hop eine kleine Ratte. Für Unterschiede sensibilisieren wollen Charlotte Simon, Christina Raack und Nina Grätz Kinder mit ihrer Musikhörspielreihe „Eule findet den Beat“. Die hat längst auch ihren Weg auf die Bühne gefunden: Jetzt ist das Stück in der Fabrik zu sehen und zu hören. Und Mittanzen ist natürlich auch dringend erwünscht. (matt)

Mo, 11. 12., 19 Uhr, Freie Akademie der Künste

Kein-Zeitgeist-Literat

Wenn Hans Henny Jahnn eines gefiel, dann die Pose des Außenseiters, dem der Zeitgeist und seine Anhänger gestohlen bleiben konnten – auch wenn die braune Hemden trugen: Mit Hitler verband ihn nichts, aber ein Kult ums Ursprüngliche durchzieht sein Werk. Dem organisierten Christentum warf er neben dem Gottesglauben auch die Vaterlandsbesoffenheit vor, ersann aber selbst eine Art Religion. Seine Romane („Perrudja“, „Fluß ohne Ufer“) haben ihm einen Ruf eingebracht, ebenbürtig dem von Prosa-Erneuerern wie Melville und Joyce, blieben aber großteils Fragment.

Voller Widersprüche also, dieser Jahnn, 1894 in Hamburg geboren, wo er 1959 auch starb. 1950 war er Mitbegründer der Freien Akademie der Künste, und ebendort sprechen nun Jan Bürger, Verfasser des bis auf weiteres maßgeblichen biografischen Jahnn-Buchs „Der gestrandete Wal“ (Hoffmann und Campe 2017, 448 S., 34 Euro), und Josef Winkler über Jahnn, den man heute schon deshalb lesen muss, damit ihn nicht irrlichternde selbsternannte Querdenker wie der Moderator des Abends, Ulrich Greiner, für ihren merkwürdigen Konservatismus vereinnahmen.

Fr, 15. 12., Künstlerhaus Faktor, Max-Brauer-Allee 229

Klangklima

Eine Musik, eben noch wie ein Lufthauch, dann plötzlich wie die Nebengeräusche des postindustriellen Zeitalters: Hinter dem Trio mit dem schönen Namen Giraffe stecken verdiente Hamburger Improv- oder anderweitig experimentell ambitionierte Musiker an Gitarre, Schlagwerk und Elektronischem, und auf ihrer zweiten Veröffentlichung, einer EP namens „Climate“, haben sie ihr Faible für kurze Klanganordnungen eingetauscht gegen zwei sehr lange, scheinbar ereignisarme. Umso besser, dass wir den dreien nun auch zusehen können beim Anordnen.

So, 10. 12., 21 Uhr, Nachtasyl

Doppelboden-Pop

Ein Videoclip: Gut aussehende Menschen scheinen mit den Köpfen zu einer schmissigen, nach 60er-Jahre-Big-Band-Grandezza klingenden Tanzmusik zu nicken – geloopt, so zeigt sich, das Bild wie auch der Sound. Es ist denkbar bestes, weil hochgradig doppelbödiges Pop-Entertainment, das die Band Aquaserge nun mitbringt in Hamburgs vielleicht unterschätztesten Klub-für-kleine-Konzerte. (aldi)

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