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Die WahrheitPervärsä Glückwünsche

Kolumne
von Thomas C. Breuer

Finnlands 100. Geburtstag. Nirgendwo in Europa, ja in der ganzen Welt ist die Finnlandisierung so weit fortgeschritten wie in Finnland.

A m Mittwoch wird Finnland 100 Jahre alt, jenes Land, in dem die Finnlandisierung euro­paweit am weitesten fortgeschritten ist. Die Finnen machen einiges her, und sie sprechen dabei eine Sprache, die sich allen Erschließungskriterien entzieht: Finndogermanisch. Für die Finnen muss man größte Bewunderung hegen, natürlich auch für die Finninnen, wie sie das Leben meist meistern, meist drinnen in völliger Umnachtung, denn draußen ist es kalt und dunkel, 26 bis 27 Stunden am Tag, und den Rest über wird es auch nicht richtig hell, und dunkel ist es auch im Sommer wegen der Stechmückenschwärme.

Der Alltag der Finnen vollzieht sich überwiegend drinnen, weswegen sie über hervorragende Innenarchitekten verfügen, natürlich auch Innenarchitektinnen, das klingt eh schon fast wie ein finnischer Name, Archi Tektinnen, der übrigens, es gibt ihn, ein enger Freund ist von Ovo Maltinen, der einen Heißgetränkeverleih in Tampere betreibt, gemeinsam mit seinen Partnerinnen Kari Katuren und Ruccola Hallenpolo.

Man fragt sich, wie die sich alle inspirieren können bei diesen Lichtverhältnissen, ob da womöglich Drogen im Spiel sind, wie neulich der Wissenschaftler Trauma Kautabaken behauptet hat, oder sogar Doping. Ob zum Beispiel Mika Häkkinen, der Rennfahrer, gedopt war? Die Antwort ist simpel: Sprit. In Finnland ist alles eine Frage des Sprits. Das Staatsmotto: Wozu Anabolika, wir haben Alkoholika!

Das Leben sei hart im Norden, so Venti Latoren, der südlich des Polarkreises eine private Entgiftungsstation unterhält mit angeschlossenem Sauerstoffzeltplatz, was das Einzige sei, was sich dort oben noch rentiere, Rentiere beispielsweise seien schon lange nicht mehr rentabel, da könnten sich höchstens Rentner drum kümmern. Dort droben müsse man übrigens rasend schnell sprechen, viele Gesprächsfetzen seien selbigen Momentes schockgefroren, da sie den Mund verlassen, vieles ginge einem dabei durch die Lappen.

Trinken würden sie deshalb, um die Worte flüssig zu halten, aber oft sei die Kälte schneller, was Depressionen zur Folge habe. Jedenfalls, meint sein Kollege Trafo Antennen, sei der Häkkinen nie gedopt gewesen, genauso wenig wie alle anderen finnischen Sportler, Keke Rosberg oder die 100-Meter-Büglerin Lätta Wäscheleinen.

Man versteht sie zwar nicht, die Finnen, kann sie aber trotzdem gut verstehen, einerseits; andererseits wiederum nicht: Sie hätten gar keinen Grund, depressiv zu sein, bloß weil sie eine unaussprechliche Sprache sprechen, man muss nur endlich beginnen, sie liebzugewinnen.

Vielleicht kann ja der finnische Satzbauminister Akku Sativen das Finnische entflechten beziehungsweise Buchstabenwärmer an die Bevölkerung verteilen. Bis dahin müssen wir uns an das Wort des finnischen Rationaldichters Raureif Unsinnen halten: „Kaksi Yksi Unsinnen Makaken Pervärsä Kaloderma Putzkolonnen Lahti!“ Oder so ähnlich. „Onnittelu!“ jedenfalls, Glückwunsch.

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