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Kolumne Nullen und EinsenWie man das Internet schön bebildert

Es sind Fotos ohne Verstand. Warum sich Onlineredaktionen trotzdem für abgedroschene Symbolfotos entscheiden.

Ein Symbolfoto-Klassiker Foto: dpa

K ennen Sie die Springerstiefel mit den weißen Schnürsenkeln, um Rechtsextremismus zu bebildern? Oder den Typ in Einbrechermontur vorm Laptop, der Hacker sein soll. Redaktionen beziehen viele ihrer Bilder von Foto- und Nachrichtenagenturen, die das aktuelle Zeitgeschehen gut abdecken, deren Fotografen sich aber auch immer gültige Symbolfotos ausdenken. Beispielsweise das ältere Ehepaar, das für das Thema Rentenreform auf einer Parkbank sitzt. Oder die zwei Fußpaare, die unter der Bettdecke hervorgucken, da wird es im Artikel dahinter schlüpfrig.

Nicht ganz so eindeutig in der Medienlandschaft verwendet, aber in der taz-Onlineredaktion eindeutig verbreitet, ist ein Symbolbild beim Thema Glyphosat: das Pestizid verspritzende Pflanzenschutzgerät. Davon hat die Nachrichtenagentur dpa ein paar Stück. Schlägt man mal etwas anderes als Fotomotiv vor, wie den an der Verlängerung der EU-Glyphosatzulassung beteiligten Christian Schmidt (CSU), seit vier Jahren amtierender Landwirtschaftsminister, winken die KollegInnen nur ab: „Den kennt doch keiner.“ Und fordern ein weiteres pestizidverspritzendes Pflanzenschutzgerät. Was ist das für eine Medienlogik?

Fotos auf einer Nachrichtenseite funktionieren anders als Fotos in einer Zeitung. Sie dienen als Anker fürs Auge, strukturieren die Seite. Die Fotos sollten so klar sein, dass die LeserIn das Artikelthema auf einen Blick erfassen kann. Das geht gut bei der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die kennen alle. Christian Schmidt dagegen muss erst mit einem Heuballen posieren, damit man ihn als Landwirtschaftsminister erkennt. Und um dieses Foto von ihm zu finden, muss die zuständige Online-RedakteurIn tief in der Fotodatenbank suchen. Im Gegensatz zur Zeitung hat Online oftmals keine eigene Fotoredaktion, die die Fotosuche übernimmt. Das kostet Arbeitszeit, die man manchmal nicht hat. Und dann gibt es wieder das immer gleiche Symbolbild.

Es geht auch um die Verpackung

„Es geht ja um die Inhalte“, entgegnet dann so manche KollegIn. Doch wenn die Leser der nachlässig produzierten Verpackung nicht trauen können, trauen sie dann den Inhalten? Deswegen hier drei schnelle Taktiken, wie man das Internet schöner bebildert:

1. So konkret wie möglich: Der olle Journalistenspruch „Schreib nicht Werkzeug, wenn du Hammer schreiben kannst“ gilt auch manchmal fürs Foto. Zeig keine 1-Euro-Münze, wenn du die Folgen der Eurokrise in Griechenland zeigen kannst.

2. Ab auf die Metaebene: Das Symbol des Dieselskandals ist inzwischen das Auspuffrohr. Dabei geht es doch um Verschmutzung, und die kann man auch zeigen. Mit Schlamm, Smog, Öl oder Staub beispielsweise.

3. Das Zeichensystem wechseln: Wer zeigen will, was ein Foto nicht zeigen kann, wechselt das Zeichensystem. Heraus kommen Fotos auf denen ganz groß der Hashtag #Hass steht und Hatespeech darstellen soll. Das kann dafür eine Illustration bebildern.

So, das war sehr didaktisch. Mit welchem Symbolfoto sich die Online-KollegInnen wohl für diese furchtbar lehrerhafte Kolumne revanchieren?

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Svenja Bednarczyk
Entwicklungsredakteurin
im Produktentwicklungsteam der taz im Netz. taz seit 2012.

2 Kommentare

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  • Wie sehr didaktisch?

    Denken und Schlüsse ziehen ist ausdrücklich erlaubt!

    Packmers an!

    • @Tom Farmer:

      Zitat: "Mit welchem Symbolfoto sich die Online-KollegInnen wohl für diese furchtbar lehrerhafte Kolumne revanchieren?"

       

      Brille + Buch = Oberlehrer.

       

      Die Vorurteile, die durch die Suggestivfotos fauler, geiziger Journalisten vielleicht nicht unbedingt produziert, aber doch ventiliert, bestätigt und verstärkt werden, kennen "Brillenschlangen" wie ich ziemlich gut. Und wenn sie es schließlich bis zum Erbrechen satt haben, nach ihrem Äußeren be- bzw. verurteilt zu werden, revanchieren sind manche von uns irgendwann. Indem sie genau so werden, wie sie angeblich schon lange sind. Ätsch!