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Filmfestspiele in BerlinZoff um den Chef-Bären

Wer wird Nachfolger von Berlinale-Direktor Kosslick? Kulturstaatsministerin Grütters reagiert auf Kritik und will zuerst über das Profil des Festivals reden.

Muss er seinen Hut nehmen? Berlinale-Chef Dieter Kosslick auf dem Roten Teppich Foto: dpa

Die Berliner Filmfestspiele leben auch von den (Hollywood-)Stars, die im Februar bei meist nasskaltem Wetter über den roten Premierenteppich stiefeln. Sie werden dort seit fast 20 Jahren von Dieter Kosslick empfangen, dem schwäbelnden Berlinale-Chef, der mit seinem leicht tollpatschigen Auftreten längst selbst eins der Sternchen dieses renommierten Filmfestivals geworden ist. Doch Kosslicks große Zeit ist vorbei: Sein Vertrag läuft im Mai 2019 aus. Und der Druck auf Kulturstaatsministerin – und Hauptfinanzier des Filmfests – Monika Grütters (CDU) wächst, bei der Nachbesetzung einen radikalen Neuanfang zu wagen.

Am Freitag hatten 80 prominente deutsche Regisseure – ja, so viele gibt es – einen offenen Brief veröffentlicht, in dem sie eine „internationale, zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzte Findungskommission“ forderten. Denn die Berlinale hätte gegenüber Festivals in anderen Ländern massiv an Profil verloren.

Am Dienstag reagierte Grütters auf die Kritik. „Alle Beteiligten in der aktuellen Debatte haben das gleiche Ziel. Wir wollen den Stellenwert der Berlinale als A-Festival sichern“, sagte ihr Sprecher Hagen Philipp Wolf. Offenbar ist Grütters auch für eine Findungskommission offen. „Wir können uns vieles vorstellen. Die Frage ist, was das Beste für das Festival ist.“ Wolf versuchte zugleich, Zeit zu gewinnen: Erst müsse über Profil und Struktur des Festivals geredet werden, ehe man eine neue Leitung auswähle.

Am 5. Dezember will Kosslick in einer Sitzung des zuständigen Aufsichtsrats sein Konzept für die Berlinale vorstellen. Im Gespräch ist unter anderem eine Doppelspitze, in der die künstlerischen und die geschäftsführenden Aufgaben geteilt würden. So könnte Kosslick dem Festival erhalten bleiben – wenn auch an weniger öffentlicher Stelle.

Genau dies wollen seine Kritiker dem Vernehmen nach verhindern. Und nicht nur deutsche Regisseure sind unzufrieden: Kurz nach Ende der letzten Berlinale hatten sich zahlreiche Filmkritiker offen gegen ein „Weiter so“ mit Kosslick ausgesprochen.

Die Berlinale gilt als eines der drei wichtigsten Filmfestivals der Welt, neben Cannes und Venedig. Mehr als 400 Filme werden dort jedes Jahr im Februar gezeigt. In den letzten Jahren war vor allem die Kritik an der Sektion Wettbewerb, in der auch der Goldene Bär verliehen wird, stetig gewachsen. Präsident der nächsten Jury ist der Regisseur Tom Tykwer. Er hat den offenen Brief nicht unterzeichnet.

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