piwik no script img

Vereint in tiefer Zwietracht

Die Saar-Linke wählt den Lafontaine-Vertrauten Jochen Flackus zum neuen Landeschef

Die Generalabrechnung der verfeindeten Flügel offenbart beim Landesparteitag der saarländischen Linken wechselseitiges Misstrauen, persönliche Intrigen, sogar blanken Hass. Seit Monaten bekämpfen die GenossInnen einander mit Ausschlussanträgen und unappetitlichen Vorwürfen. Der Gründungsvorsitzende Oskar Lafontaine mochte sich den Parteitag am Samstag offenbar nicht zumuten. Er blieb lieber zu Hause.

Die scheidende Landesvorsitzende Astrid Schramm attackierte den saarländischen Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze. Ihm wird vorgeworfen, bei seiner Wahl getrickst zu haben. „Es gibt zahlreiche eidesstattliche Versicherungen, nach denen Stimmzettel kontrolliert und gekauft worden sein sollen“, sagte Schramm. Selbst der Bundespartei sei aufgefallen, dass im Saarland vor Listenaufstellungen verdächtig viele Barzahler in die Partei aufgenommen worden seien.

Schramm warf Lutze vor, eine Praxis zu unterstützen, „vor Listenwahlen im großen Stil neue Mitglieder nur für diese Wahl anzukarren“. Ein Genosse spricht von „Eintagsmitgliedern“. Lutze mochte dazu nicht Stellung nehmen. Er hatte den angeblichen Stimmenkauf stets bestritten, gegenüber der taz allerdings eingeräumt, vor Parteitagen auch schon mal die Beiträge säumiger Mitglieder aus der eigenen Tasche bezahlt zu haben.

In der Aussprache wurde deutlich, dass die Parteibasis die Grabenkämpfe leid ist. „Mich kotzt das an“, sagte einer. „Ich weiß nicht, wem ich glauben soll, und es interessiert mich auch nicht mehr“, eine andere. Von „Menschenhetze“ ist die Rede. Trotz des Streits wird doch noch gewählt.

Zum neuen Landesvorsitzenden wird mit 93 von 153 Stimmen der Landtagsabgeordnete Jochen Flackus gewählt. Der 62-Jährige führt auch die Geschäfte der Fraktion im saarländischen Landtag. Er gilt als Vertrauter Lafontaines. Zu einem seiner Stellvertreter wählt der Parteitag den bisherigen Landesgeschäftsführer Andreas Neumann.

Christoph Schmidt-Lunau

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen