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65 ist doch kein Alter

Nach ihrem Ausstieg aus der aktiven Politik wollen die Bremer Grünen Marieluise Beck und Ralf Fücks ihr politisches Engagement weiterführen und gründen dafür die Stiftung „Zentrum Liberale Moderne“

Beck warnte vor „Ungeduld und irrationale Erwartungen an die Demokratisierung in der Ukraine“

Von Klaus Wolschner

Warum nicht einfach in Rente gehen und die Füße hochlegen? „Weil die Zeiten zu turbulent sind“, sagte Ralf Fücks zur Eröffnung der Stiftung „Zentrum Liberale Moderne“. Gemeinsam mit Marieluise Beck, die mit Unterbrechungen seit 1983 für Bremen im Bundestag saß, hat der ehemalige Umweltsenator die Einrichtung gegründet, weil die beiden langjährigen Grünen dort ihr politisches Engagement fortführen wollen.

Dennoch ist die Stiftung durch Idee und Gesellschafter überparteilich verankert. Ralf Fücks war 21 Jahre lang Geschäftsführer der Heinrich-Böll-Stiftung und Marieluise Beck wurde bekannt als Migrationsbeauftragte der rot-grünen Bundesregierung und ihr Engagement für Bosnien und die ­Ukraine.

Weil die beiden gleichzeitig aus ihren Ämtern ausschieden, habe es nahe gelegen, dass sie sich zusammentun. 65 sei heutzutage schließlich kein Alter. In der Stiftung will Fücks sein Engagement für die „liberale Moderne“ weiterführen und Beck macht weiter mit dem „Ukraineverstehen“.

Die Böll-Stiftung unterstützt Fücks Passion für die liberale Moderne nicht und im neuen Bundestag ist ebenso wenig eine Abgeordnete bekannt, die mit der Leidenschaft einer Beck das zarte Pflänzchen der ukrainischen Zivilgesellschaft pflegen will. So machen sie das mit der Stiftung einfach selbst. Eine „Diskursplattform“ soll das Zentrum sein, ein „Projektbüro und ein internationales Netzwerk“.

Zur Eröffnung in Berlin war in der vergangenen Woche reichlich Prominenz gekommen. Joachim Gauck, der frühere Bundespräsident, sprach freundlich-kritische Grußworte. Wo Fücks Kritiker ihm einen „Appell an diejenigen, die ohnehin schon liberal sind“ vorwerfen, empfahl Gauck, den „liberalen Gedanken der Toleranz“ anzuwenden auf die, „die wir ertragen müssen, die wählen gehen, ohne mitdiskutieren zu wollen“. Kurz: Es gehe nicht darum, sich im eigenen Jargon zu bestätigen, sondern eine Sprache zu finden, die jene verstehen, „die wir als Zumutung empfinden“.

Auseinandersetzung mit einer Zumutung könnte auch die Überschrift für die Bemühungen von Marieluise Beck sein, die Geschichte der Ukraine in das westdeutsche Geschichtsbild zu integrieren.

Für die Ukraine habe der Zweite Weltkrieg nicht mit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen begonnen, sondern 1939 mit dem Angriff der sowjetrussischen Truppen auf die West-Ukraine – verabredet im Hitler-Stalin-Pakt. Die Ostukraine hatten Trotzkis Truppen schon 1922 erobert. Beck warnte vor „Ungeduld und irrationale Erwartungen“ an den Demokratisierungsprozess in der Ukraine, ihre Arbeit versteht sie als „kritische Solidarität ohne jede Romantik“. Insbesondere, weil der Krieg, den Hitlers Truppen gegen die Sowjetunion entfesselt haben, vor allem auf ukrainischem Boden stattfand und Millionen Opfer kostete, „gehört die Ukraine zu unserer Geschichte“.

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