Noch lange nicht ausge­schlumpft

Eine der Gründungskapellen des psychedelischen Rock: Gong runderneuert im Quasimodo

Von Thomas Mauch

Die Geschichte des musikalischen Planeten Gong geht, in aller Kürze, so. Es ist vor allem die Geschichte von Daevid Allen, dem australischen Musiker, der als Beatnik in Paris gleich mal das Zimmer bezog, das gerade Allen Ginsberg geräumt hatte. In den Sechzigern verschlug es Allen nach Canterbury, wo er mit dem Sohn seines Vermieters, Robert Wyatt, Soft Machine gründete. Nach einer Europatour wurde Allen wegen irgendwelcher Visa-Angelegenheiten die Einreise nach Großbritannien verwehrt, er blieb in Frankreich, verteilte im unruhigen Pariser Mai 1968 Teddybären an Polizisten. Und gründete Gong. Wobei einer der Musiker, Didier Malherbe, in einer Höhle auf Mallorca aufgestöbert worden sein soll.

Aber so war eben die Zeit, und die Musik von Gong war ein bunter und manchmal wirrer Flug im Teekesselchen, psychedelische Glasperlenspiele mit Jazzrock-Fransen. Musiker gingen und Musiker kamen, die Band war in permanenter Mutation, tauchte ab und wieder auf, verästelte sich als musikalische Großfamilie in verschiedenen Gruppierungen, ­Mother Gong, Planet Gong, New York Gong, fand sich wieder …

Und dann, im März 2015, starb Daevid Allen.

Was eigentlich das Ende dieser den Progressive Rock ziemlich beflügelnden Geschichte sein müsste. Weil Gong ohne Allen: ist irgendwie so wie die Schlümpfe ohne den Oberschlumpf.

Hat sich aber noch gar nicht ausgeschlumpft. Vergangenes Jahr wurde mit „­Rejoice! I’m Dead!“ das erste Post-Daevid-Allen-Album veröffentlicht, am Donnerstag gastierten Gong im Rahmen einer weltweiten Tingeltour im Quasimodo, um wieder Überzeugungsarbeit in Sachen fliegendes Teekesselchen zu leisten. Auf der Bühne Musiker, die gar nicht alle die 50 überschritten haben, davor ein Publikum, in dem durchaus einige fast noch jugendliche Einsprengsel auszumachen waren. Wobei ja der psychedelische Rock derzeit durchaus wieder als Role Model taugt und man gut mal bei einer der Gründungskapellen dieses Gewerbes vorbeischauen kann.

Zu bereuen gab es da nichts. Die Band spielte typische Gong-Musik, mit den abzählreimartigen Gesangsmelodien einerseits und andererseits dem komplex verschachtelten Progrock, mit Slow-Motion-Parts und ekstatischen Verdichtungen. Auch das rumspielende Daddeln fehlte nicht. Gong eben. Aber das war alles so wenig weggetreten und knackig, fast schon kompakt gespielt, dass es tatsächlich und nicht nur aus der Erinnerung an ein seliges „früher mal“ heraus mitreißend war.

Es wurde sogar, nicht bloß sacht mitzuckend, getanzt.

Daevid Allen, der vor seinem Ableben noch den Auftrag an die Band erteilt haben soll, weiterzumachen, darf zufrieden sein. Das passt schon so.