: Keine Haft für Werner Mauss
Der legendäre Geheimagent der Bonner Republik muss nicht hinter Gitter – trotz Steuerhinterziehung
Von Andreas Wyputta
Werner Mauss, einst Geheimwaffe der CDU-geführten Regierung von Kanzler Helmut Kohl, entkommt dem Gefängnis. Trotz Steuerhinterziehung in Höhe von 13,3 Millionen Euro verurteilte das Landgericht Bochum den Exgeheimagenten zu einer milden Haftstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem muss der 77-Jährige jeweils 100.000 Euro an die Anti-Malaria-Stiftung AMF und die Kinderkrebshilfe zahlen.
Einst galt Mauss als legendärer Agent Provocateur: Er soll Fässer mit dem Seveso-Gift Dioxin aufgespürt haben, und die Leiche des Multimilliardärs Friedrich Karl Flick. Vom „Celler Loch“, mit dem Sympathisanten in die RAF eingeschleust werden sollten, will er dagegen nichts gewusst haben. Richter Markus van den Hövel zeigte sich beeindruckt von der „großen Lebensleistung“ des Angeklagten. „Todgeweihte aus dem Dschungel gezogen“ habe Mauss in Kolumbien als Vermittler zwischen ELN-Rebellen und Regierung, lobte er. Konkret ging es in Bochum aber um Geheimdepots in Luxemburg. Mehr als 50 Millionen Dollar sollen zeitweise auf Konten der Großbank UBS gelegen und Mauss Zinseinnahmen in Höhe von 35 Millionen Euro beschert haben.
Beim Finanzamt angegeben hatte der Agent diese Einnahmen nicht. Mauss, der in der Garage seines Anwesens im Hunsrück zwei Ferraris parkt, argumentierte, das Geld gehöre gar nicht ihm. Das „Treuhandvermögen“ sei ihm von einem Geheimbund namens „Autoridades de seguridad del oeste“, zu Deutsch „Westliche Sicherheitsbehörden“, zur Verfügung gestellt worden. Deshalb habe er geglaubt, auf die Zinsen keine Einkommensteuer zahlen zu müssen. Mit dem Geld will er das Leben von Papst Benedikt, der angeblich vergiftet werden sollte, gerettet haben: Allein diese Aktion habe 2,5 Millionen Euro gekostet.
Das Bochumer Gericht hielt diese Agentengeschichten zumindest teilweise für glaubhaft. Und da Mauss die aufgelaufenen Gesamtsteuerschulden von 13,2 Millionen Euro bereits gezahlt habe, komme wegen „seines Lebensalters“ und fehlender Vorstrafen auch eine Bewährungsstrafe in Betracht.
Zur Hilfe geeilt war dem Agenten auch Kohls Exgeheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer. Für Mauss habe es einen Geheimfonds gegeben, bestätigte der CDU-Mann im Januar. Mauss seinerseits war den Christdemokraten behilflich. Über seine Briefkastenfirma Nolilane spendete er mindestens 125.000 Euro anonym an die CDU in Rheinland-Pfalz. Die musste die illegale Parteispende zwar an die Bundestagsverwaltung abtreten. Rücktritte gab es deswegen aber keine, und der verantwortliche CDU-Landesschatzmeister Peter Bleser amtiert bis heute als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen