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Gedenken an Zwangsprostitution in KoreaWenn die Erinnerung mitfährt

In Seoul erinnern Statuen in Bussen an Prostituierte im Zweiten Weltkrieg. 200.000 Koreanerinnen sollen in Japans Armeebordellen versklavt worden sein.

Statuen in fünf Bussen sollen an das Schicksal sogenannter Trostfrauen erinnern Foto: ap

Seoul taz | Fünf Busse der Linie 151 haben seit August einen ungewöhnlichen neuen Passagier bekommen: Barfüßig sitzt das Mädchen in weißer Tracht da, der Gesichtsausdruck stoisch entschlossen. Die Puppen, die der private Seouler Busbetreiber Donga Traffic finanziert hat, sollen an das Schicksal sogenannter Trostfrauen erinnern.

Unter diesem Euphemismus werden die Zwangsprostituierten der japanischen Armee bezeichnet, die während des Zweiten Weltkriegs aus den Kolonien verschleppt wurden. Bis zu 200.000 Koreanerinnen sollen in Japans Armeebordellen sexuell versklavt worden sein. Nur noch wenige Dutzende sind am Leben. Noch bis Ende September erinnern die Puppen in Seouls Stadtverkehr an das Leid, bevor sie in einem Museum ausgestellt werden.

Nachempfunden sind sie den sogenannten Mädchenstatuen, deren Original 2011 vor Japans Botschaft in Seoul enthüllt wurde. Mittlerweile haben Aktivisten Kopien solcher Statuen auch andernorts aufgestellt. Für Südkoreas Linke sind sie Symbole einer gebeutelten Nation, für Japans Regierung sind sie ein Ärgernis. Auch wegen der „Bus­trostfrauen“ hat sich Tokio eingeschaltet: Kabinettssekretär Yoshihide Suga äußerte vor Reportern seinen Unmut, schließlich habe Südkorea 2015 einem Abkommen zugestimmt, dass die historische Schuld damit abgeglichen sei.

Der unter Südkoreas Expräsidentin Park Geun-hye vereinbarte Deal sah eine offizielle Entschuldigung Japans sowie Entschädigungsgelder von umgerechnet acht Millionen Euro vor. Parks Nachfolger Moon Jae-in und Koreas Zivilgesellschaft akzeptieren die Vereinbarung nicht, zumal immer wieder Regierungsmitglieder aus Tokio die historische Schuld relativieren.

„Die japanische Regierung hat sich bis heute nicht angemessen entschuldigt, deshalb ist es für uns nach wie vor ein großes Thema. Die Geschichte darf sich nicht wiederholen“, sagt die 19-jährige Kim Ji-seon. Die Studentin sitzt jeden Mittwoch vor Japans Botschaft, um die dortige Mädchenstatue „zu bewachen“.

Ein Kampf gegen das Vergessen

Auch der 23-jährige Student Park Sang-hyeon ist extra aus dem 150 Kilometer entfernten Cheongju angereist. Er hockt hier schon seit dem Morgen im Lotussitz auf einer Alumatte. „Ich habe zwei Tage die Woche Dienst, aber wir sehen zu, dass die Statue rund um die Uhr bewacht wird“, sagt er.

Für Kim und Park ist es ein Kampf gegen das Vergessen. Als Teil der Organisation „Schmetterling der Hoffnung“ schützen sie das Trostfrauenmahnmal vor rechtsextremen Randalierern und übergriffigen Gegendemonstranten. Zudem fürchten sie, ihre Regierung könne Tokios Druck nachgeben und die Statuen abmontieren.

Ihr Aktivismus löst aber auch Unverständnis aus. „Die Geschichte ist komplexer, als viele das wahrhaben wollen. Die Männer, die die Frauen damals zusammentrieben, waren meist Koreaner“, sagt der Autor und Landeskenner Michael Breen. Der Brite versteht nicht, warum der Trostfrauendisput solche Wellen schlägt, während sich die meisten Südkoreaner kaum für die Tragödie interessieren, die sich nur wenig entfernt in Nordkoreas Arbeitslagern abspielt.

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4 Kommentare

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  • Seltsam! Wie kann dieser Kabinettssekretär Yoshihide Suga auf die abgefahrene Idee kommen, eine historische Schuld ließe sich mit einem Abkommen abgleichen?

     

    Ich denke, ich weiß, wie das gekommen ist. Die aktuelle japanische Regierung ist a) von Möchtegern-Militaristen dominiert und b) in ziemlichen Schwierigkeiten. Sie kämpft gerade gegen ihren Niedergang, will allerdings nicht wahr haben, dass dieser mit ihren gelinde gesagt überaus konservativen Auffassungen zusammen hängt. Der Nordkoreaner Kim hat den Regierenden immerhin den Gefallen getan, mit Raketen zu provozieren, nicht nur mit Plastiken. Das könnte allerdings nur knapp ausreichen bei der nächsten Wahl. Auch Japan hat schließlich mit Krieg nur bedingt gute Erfahrungen gemacht zuletzt. Es kann also nicht schaden, mögen Kabinettssekretär S. und seine Corps-Kollegen denken, wenn man sich wenigstens die peinliche Historie vom Hals geschafft hat, bevor man wieder öffentlich auf die ganz große Trommel schlägt.

     

    Nur: So einfach ist das nicht. Diese Mädchen sind ja nicht umsonst als „Trostfrauen“ bezeichnet worden. Krieg ist weder ein Kinderspiel noch ein Parkspaziergang. Krieg geht an die Substanz. Zumindest an die Substanz der Leute, die ihn ganz PRAKTISCH führen müssen und nicht nur mit dem großen Mund. Tröstet man die Kriegspraktiker nicht mit zwangsimportierten Frauen, trösten sie sich womöglich selber. Und wie soll man das denen erklären, für die man angeblich den Krieg führt?

     

    Wenn man seine historische Schuld los werden will, müsste man Kriege eigentlich so gut es geht vermeiden. Für in der Wolle gefärbte Militaristen ist das natürlich keine leichte Aufgabe. Sie haben ja nichts anderes gelernt. Dass sich Herr S. Darüber grämt, verstehe ich. Nur: Muss er sich deshalb gleich als der Depp outen, der er ist?

  • Da ist die Geschichte wirklich etwas komplexer, nicht nur das die damaligen Trostfrauen größtenteils von Koreanern rekrutiert wurden. Es gab ein ähnliches System während des Koreakrieges und das Thema interessiert in Korea überhaupt niemanden.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Sven Günther:

      ...und, sollte "das Thema" in Korea wirklich niemanden mehr interessieren, so liegt es wahrscheinlich daran, dass die meisten der sog. Trostfrauen bereits verstorben sind.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Sven Günther:

      ...ist doch egal, von wem diese Frauen zur Prostitution gezwungen wurden. Frage: Was hatten die Japaner damals eigentlich in Korea zu suchen? Nichts.