Die Kurden melden eine hohe Wahlbeteiligung

NORDIRAK Irakische und türkische Soldaten führen gemeinsame Manöver an der Grenze durch

ERBIL rtr | Die Türkei hat mit scharfen Drohungen auf die sich abzeichnende Mehrheit unter den nordirakischen Kurden für eine Unabhängigkeit reagiert. Diese würden hungern, wenn sein Land keine Lastwagen mehr in die Region lasse, erklärte Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Dienstag. Er drohte zudem erneut mit einer Blockade der kurdischen Ölexporte durch sein Land. Die irakische Zentralregierung in Bagdad lehnte Gespräche über eine Unabhängigkeit der Kurden ab. Ein Reuters-Reporter berichtete von gemeinsamen Übungen türkischer und irakischer Soldaten nahe der Grenze.

Die Kurden im Nordirak hatten am Montag ungeachtet internationaler Proteste und gegen den Willen der Regierung in Bagdad über die Unabhängigkeit abgestimmt. Dem kurdischen Sender Rudaw TV zufolge deutete sich am Dienstag eine deutliche Mehrheit für das „Ja“-Lager an, das möglicherweise mehr als 90 Prozent der Stimmen erhalten werde. Mit dem Endergebnis wurde am Mittwoch gerechnet. Das Referendum ist zwar nach Darstellung der kurdischen Regionalregierung nicht bindend. Sie bezeichnet es jedoch als Mandat für friedliche Verhandlungen mit der Regierung in Bagdad.

Erdoğan hatte vor der Abstimmung mit der Blockade der kurdischen Ölexporte gedroht. Pro Tag fließen aus der Region Hunderttausende Barrel Öl durch türkische Pipelines.

Neben dem Irak und der Türkei sind auch Syrien und Iran gegen die Abstimmung. Sie befürchten ein Erstarken kurdischer Autonomiebestrebungen in ihren Ländern: Insgesamt leben in der Region etwa 30 Millionen Kurden verteilt über mehrere Staaten.

Bis zu zehn Millionen von ihnen leben im Iran, wo Berichten zufolge in der Nacht Tausende Kurden das Referendum im Nachbarland feierten. Videos in sozialen Netzwerken zeigten hupende Autos und klatschende Menschen. Aus den Städten Mahabad und Sanandasch wurden Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften gemeldet.

Auch westliche Staaten wie die USA und Deutschland ­haben sich gegen das Referendum ausgesprochen. Sie befürchten die weitere Destabilisierung der Region, die durch den syrischen Bürgerkrieg und den Kampf gegen die Extremistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) aufgewühlt ist.

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