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Für einen goldenen Handschlag

ABFINDUNG Hausbesitzer zahlen mitunter Tausende Euro, wenn MieterInnen einen gültigen Mietvertrag aufgeben. Aus deren Sicht lohnt sich das oft trotzdem nicht

3.000 bis 15.000 Euro als Abfindung seien „normal“, sagen Mieter-Anwälte Foto: Malte Jaeger/laif

von Hannes Koch

Das Angebot, ein paar tausend Euro geschenkt zu bekommen, klingt immer gut. In Städten wie Berlin, in denen Wohnungen knapp sind, müssen MieterInnen nicht selten die Frage beantworten: Soll ich die Offerte des Hausbesitzers annehmen, meine Wohnung verlassen und im Gegenzug beispielsweise 5.000 Euro kassieren? „Aus der Sicht der Mieter sind Abfindungen ökonomisch oft nicht sinnvoll“, warnt jedoch der Berliner Anwalt Hans-Christoph Friedmann.

Aus seiner Beratung bei der Berliner Mietergemeinschaft kennt Friedmann unter anderem zwei typische Fälle, in denen Abfindungen ins Spiel kommen. In der ersten Konstellation kauft ein Immobilieninvestor ein großes Wohnhaus, will es modernisieren, um höhere Mieten zu erzielen, doch die Bewohner wehren sich. Dann kann das Angebot einer Abfindung dazu dienen, den Widerstand aufzuweichen. Besonders ärmere Mieter nehmen den goldenen Handschlag an, weil sie die angebotenen Summen gut gebrauchen können.

Zweite Variante: Der Hausbesitzer kündigt den MieterInnen mit der Begründung eines Eigenbedarfs. Künftig wolle der Eigentümer die Wohnung selbst bewohnen, oder die erwachsene Tochter solle einziehen, lauten gängige Argumente. Die Mieter bezweifeln diese Begründung, der Hausbesitzer klagt, die Sache geht vor Gericht. Daraufhin schlagen die RichterInnen den Streitparteien einen Vergleich vor, der eine Abfindung beinhaltet.

„Abfindungen werden häufig angeboten und gezahlt, wenn die Wirksamkeit der Kündigung wegen Eigenbedarfs infrage steht“, sagt Anwalt Carsten Brückner. Der Vorsitzende des ­Immobilienbesitzer-Verbandes Haus & Grund Berlin sieht darin „ein gutes Instrument zur Überwindung von Rechtsunsicherheit“.

Wichtig für die MieterInnen: Sie sind nicht verpflichtet oder gezwungen, auf das Abfindungsangebot anzugehen. Ebenso wenig existiert eine spezielle Rechtsgrundlage für die Ausgestaltung einer Abfindung, wie es sie im Arbeitsrecht bei Jobkündigung gibt. Das heißt: „Man ist auf dem Basar“, wie Friedmann sagt. Wer über die Nerven verfügt, kann verhandeln.

Richtlinien über die angemessene Höhe einer Abfindung sind nicht vorhanden. Wohl aber wissen Anwälte und Richter, welche Kosten die Hausbesitzer den Mietern häufig erstatten, sollen diese zur Aufhebung des Mietvertrages bewegt werden. Ein fester Posten ist ein Betrag zur Finanzierung des Umzugs in eine andere Wohnung. Hinzu kommt ein Ausgleich für die eventuell höhere Miete, die die BewohnerInnen in ihrer späteren Bleibe zahlen müssen. Als Daumengröße nennt Brückner die zusätzlichen Mietkosten für zwei Jahre. Auch die Maklerkosten und die Kaution einer neuen Wohnung sollte der Nochvermieter ausgleichen. Darüber hin­aus sind den Argumenten und der Höhe der Summe grundsätzlich keine Grenzen gesetzt.

Richtlinien über die angemessene Höhe einer Abfindung existieren nicht

Tatsächlich sind die Ausgleichszahlungen meist aber nicht exorbitant. „3.000 bis 15.000 Euro sind normal“, sagt Mieter-Anwalt Friedmann. Vermieter-Anwalt Brückner nennt dagegen nur 4.000 bis 6.000 Euro. In den unterschiedlichen Angaben spiegelt sich das Inter­esse der jeweiligen Kundschaft.

Wirklich erhebliche Summen allerdings, die einen Unterschied im Lebensstandard ausmachen, erhalten zur Räumung ihrer Wohnung bereite MieterInnen fast nie. Immer mal wieder hört man zwar, ein Bekannter habe 50.000 oder 100.000 Euro für seinen Auszug erzielt. Tatsächlich kommt so etwas selten vor. Aus Sicht der MieterInnen sind Abfindungen in der Regel kein Geschäftsmodell. Aus der Perspektive der Vermieter dagegen schon. Denn sie können auch 50.000 Euro leicht refinanzieren, wenn sie die leere, modernisierte Wohnung für eine halbe Million verkaufen.

Friedmann rät den MieterInnen, genau zu prüfen, welche Kosten im Falle des Auszugs auf sie zukommen. Wenn sie auf dem angespannten Wohnungsmarkt mit seiner Knappheit gerade günstiger Wohnungen beispielsweise 500 Euro mehr monatlich für eine gleichwertige Bleibe bezahlen müssen, zehren sie eine Abfindung von 6.000 Euro innerhalb eines Jahres auf.

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