Bernhard Pötter über die Nicht-Debatte zu Umweltthemen: Konfrontation statt Konsens
Nicht nur der Kapitalismus siegt sich zu Tode. Der Umweltbewegung in Deutschland geht es offenbar so ähnlich. Mit Öko-Themen ist kein Blumentopf mehr zu gewinnen, nicht im Wahlkampf, nicht in der Regierung, nicht in den Medien. Es fehlt der große Streit: Bis wann und wie soll der Kohleausstieg kommen? Wie sehen die besten Konzepte für eine Landwirtschaft aus, die sich nicht selbst das Wasser abgräbt? Warum debattieren wir im Dieselskandal nur das Schreckgespenst von Fahrverboten – und nicht die Zumutung von 10.000 zusätzlichen Todesfällen im Jahr? Der Frust unter allen, die sich Sorgen um die Zukunft machen, liegt auch an einem großen Erfolg der Ökos: Dass heute jeder grün ist.
Das Ende der Ideologie in der Öko-Frage gilt als großer Fortschritt: Endlich können wir über Energiepolitik reden, ohne uns am Zaun von Wackersdorf die Köpfe einzuschlagen. Ähnlich entspannt managen wir heute Interessenkonflikte bei der Landwirtschaft, dem Verkehr, der Abfallpolitik. Für alles gibt es Steuergeld: Studien, Mediation, Experten, Proteste von Ökogruppen. Noch bei den letzten Dreckschleudern gibt es Umwelt-Beauftragte, die alles und sein Gegenteil zu nachhaltigen Produkten erklären können.
Der Preis dafür ist hoch. Weil wir einen Konsens zum Atomausstieg haben, gilt das Thema als erledigt. Das Pariser Abkommen gaukelt uns vor, wir machten Fortschritte beim Klimaschutz. Sobald wir Grenzwerte haben, sind wir ruhig. Wenn die Grenzwerte dann wie beim Diesel mit Billigung der Behörden zu Lachnummern werden, ist die Empörung nur kurz.
Der Weg zurück in eine ideologische Konfrontation zwischen Wirtschaft und Umwelt wäre falsch. Aber die Gewöhnung an die gar nicht so schleichende Zerstörung unserer Lebensgrundlagen ist schlimmer. Da ist Konfrontation gefragt, nicht Konsens. Eine der Anti-AKW-Bibeln hieß: „Friedlich in die Katastrophe“. Die Warnung ist aktuell wie nie.
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