HAMBURGER SZENE VON PETRA SCHELLEN: Grüß Gott und guten Moin
Eigentlich ist es das „Grüß Gott!“ des Nordens, dieses „Moin!“. Das benutzt man zu jeder Uhrzeit, und mit Morgen oder Abend hat es nichts zu tun. Eigentlich weiß das auch der zugezogene Rheinländer, schließlich hat er genug Zeit gehabt, die Landessprache zu erlernen. Trotzdem aber – und ich weiß es deshalb so genau, weil auch ich zu dieser Spezies zähle – ändert das nichts an den alten Reflexen.
Wie sonst ist zu erklären, dass ich jeden Morgen, wenn meine Kollegin „Moin!“ zu mir sagt, mit einem prompten „Morgen!“ reagiere? Vielleicht, könnte man meinen, bin ich schwerhörig und habe „Morgen!“ verstanden. Hinzu kommt, dass es auch im Rheinland den Laut „Moin“ gibt, sehr ähnlich im Klang – und dort bedeutet er selbstverständlich „Morgen“.
Aber selbst, wenn mein Fauxpas vormittags als „vernuschelte Aussprache“ durchgehen mag, frage ich mich, wie derlei abends wirken würde. Ich kann nur mutmaßen, aber für mein Image wär es sicher gar nicht gut. Und ich muss fairerweise sagen, das mich die Kollegen diesbezüglich noch nie getestet haben. Das sparen sie sich wohl für Silvester auf.
Oder sollte es – oh schrecklicher Verdacht – so sein, dass auch der Hanseat am Abend gar nicht „Moin“ sagt? Dass die Kollegen mir seit Jahren diesen Schmuh erzählen und sich über mich kaputtlachen? Ich glaub’, ich will es gar nicht wissen.
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