Immer im Fluss: der Fußballverein und sein Wappen: Diese Wappler!
Kulturbeutel
von Andreas Rüttenauer
Black and White and more“. Das ist, wofür Juventus Turin seit Jahresanfang steht. Der italienische Rekordmeister hat nicht nur einen neuen Slogan, er hat auch ein neues Logo. Kein schwarz-weiß gestreiftes Wappen mit dem aufgerichteten Stier, der sich auch im Stadtwappen Turins findet. Nein, ein J, dahinter nochmal ein J und darüber der Schriftzug Juventus. Was das soll? Ganz einfach: Es geht darum, „Anerkennung nicht nur für die Leistung auf dem Platz zu bekommen, sondern ein weltweites Symbol für Ausdauer, Ehrgeiz und erstklassigen italienischen Stil zu werden“. Schön hat sie das ausgedrückt, die Agentur Interbrand, die hinter der Neugestaltung steckt. So unmissverständlich hat sich noch kein europäischer Großklub von seinen Wurzeln entfernt. Man soll das doppelte J geil finden können, auch wenn man gar nichts mit Fußball am Hut hat.
Wie harmlos kommen da die durchaus auch heiß diskutierten Veränderungen im Logo des FC Bayern München daher. Die Veränderungen im kreisrunden Bayern-Zeichen sind eigentlich nur dann zu sehen, wenn man das alte neben das neue Wappen legt. Dann ist zu erkennen, dass das Rot im alten Logo beinahe schon Rosa war, dass die Buchstaben M und C jetzt irgendwie anders aussehen und dass die weiß-blauen Rauten in den Mitte des Wappens ein wenig größer geworden sind.
Was sich der FC Bayern von den Veränderungen verspricht, ob er glaubt, dass sich nun jeder Anhänger, der ein Fanutensil mit dem alten Logo besitzt, umgehend neu eindeckt, um up to date zu sein, oder dass die Eroberung des chinesischen Markts anders nicht möglich ist, weiß keiner so genau. Eine offizielle Präsentation des neuen Markenzeichens gab es ebenso wenig wie eine Pressemitteilung. Es hatte sich ja wirklich nicht viel verändert. Dennoch gab es keinen Aufschrei, als die Veränderungen publik wurden, und so mancher Fan des Fußballs aus der guten alten Zeit war sich gewiss, dass einmal mehr ein Stück seiner Liebe zu Markte getragen wurde.
Dass in der noch besseren, noch älteren Fußballzeit das Bayern-Wappen ganz anders war, als es heute aussieht, das soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. 2002, in jenem Jahr, in welchem die Fußballabteilung des eingetragenen Vereins in die FC Bayern München AG ausgegliedert worden ist, wurden die Buchstaben E und V aus dem Logo getilgt. Eine beinahe ebenso weitreichende Änderung wie jene, die im Jahre 1901 kurz nach der Gründung des Klubs im Jahr zuvor vorgenommen worden ist. Das erste Logo des FC Bayern war eine blau-weiß gestreifte Fahne mit den stilisierten Buchstaben F, C und B in der Mitte, die eher an einen Segelklub denken lässt als an einen Fußballverein. Danach wurde das Logo zu einem rot-weißen Buchstabensalat umgestaltet. Muss ein nostalgiebesoffener Bayernfan, dem die geldiger werdende Fußballmoderne auf den Zwirn geht, künftig in weiß-blauem Gewand zu den Bayernspielen gehen?
Das sind ja eigentlich die Farben des in der Regionalliga gestrandeten ehemaligen Rivalen TSV 1860. Der sei schon immer weiß-blau gewesen, sagen dessen Fans. Was für die 1900 gegründete Fußballabteilung stimmen mag. Die Farben des Gesamtvereins allerdings sind Grün und Gold. Wer will, kann Fanartikel in diesen Farben kaufen. Die bietet die Fußballabteilung des eingetragenen Vereins an, die nichts mit der fußballtreibenden Kommanditgesellschaft auf Aktien zu tun haben will, die in der Regionalliga spielen lässt. Der TSV 1860 III spielt in der Kreisklasse München 2 und hat sich als neue Heimat investorgefrusteter Fans nie so recht behaupten können, obwohl man das Versprechen abgegeben hat, reinen, guten, alten Fußball zu liefern. Auch die kritischsten 60er-Fans wollen also weiß-blau bleiben. Vor einer völligen Umgestaltung der Markenzeichen ihres Klub müssen sie eh keine Angst haben. Zum weltweiten Symbol von irgendwas kann die beste Agentur den TSV nicht machen.
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