Der wahre Cherokee

Kunst Der Streit um Jimmie Durham

Ist Jimmie Durham ein echter Indianer oder schmückt sich der Künstler mit fremden Federn? Der Streit, der anlässlich seiner großen Retrospektive im Walker Art Center in Minneapolis entbrannte, zieht sich nun schon über Wochen hin. Jetzt hat sich Anne Ellegood, die die Schau ursprünglich für das Hammer Museum im Los Angeles kuratierte, zu Wort gemeldet.

Sie macht noch einmal darauf aufmerksam, dass die Ausstellung einem international anerkannten zeitgenössischen Künstler und dessen künstlerischen Entscheidungen und Entwicklungen gilt. Tatsächlich thematisierte der 1940 in Washington, Arkansas geborene Jimmie Durham zu Beginn seiner Kar­rie­re seine Herkunft als Cherokee in seiner Kunst. Das war zu Zeiten der Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren, und in diesem politischen Kontext ist seine Auseinandersetzung mit der Stellung der indigenen Völker in den kolonial begründeten Nachfolgegesellschaften zu sehen.

Warum sollte er sich dabei als der Repräsentant schlechthin aller indianischen Anliegen gerieren wie in dem offen Brief an das Indian-Country-Magazin behauptet wird, das den Streit in Rollen brachte? Bekanntheit erlangte Durham in den 1980er Jahren, einer Zeit, in der Autorenschaft und Authentizität radikal in Frage gestellt wurden, etwa im kritischen Manöver der Appropriation Art. Dass diese künstlerische Strategie heute einfach als postkoloniale Aneignung und Ausbeutung verstanden wird, muss als Beleg für das derzeit überaus schlichte intellektuelle Klima im Land verstanden werden.

Dazu passt, dass die Debatte vor allem von der Frage dominiert ist, ob Durham überhaupt Cherokee-Vorfahren hat, die er offenbar braucht, um in seinem Werk die Frage behandeln zu dürfen, wie die indianische Geschichte und Kultur in der US-amerikanischen behandelt und missinterpretiert wurde und wird. Durham kann seine Abstammung von einem von den Behörden anerkannten Cherokee-Stamm nicht nachweisen. Schon immer kritisierte er, wie Anne Ellegood betont, den in­dia­nischen „Ahnenpass“, dessen historische Entwicklung und Praktiken der Inklusion und Exklusion.

Seit den 60er Jahren setzte sich Durham dafür ein, im internationalen Kontext für indigene Menschenrechte zu streiten, dabei unterstützt durch Vertreter der Mapuche in Chile und der Aymara aus Bolivien. Die UN-Deklaration zu den Rechten der indigenen Völker rührt direkt aus seinen Bemühungen in dieser Zeit her. Brigitte Werneburg