: Plötzlich Stimmung am Rothenbaum
BEachvolleyball Das Heimspiel der Hamburger Olympiasiegerinnen Ludwig/Walkenhorst zum Finale der World Tour zeigt, dass das Stadion nicht Schuld am Misserfolg des Tennisturniers am selben Ort ist
Wie häufig Michael Stich in den vergangenen Tagen ungläubig den Kopf geschüttelt hat, ist nicht bekannt. Es dürfte aber schon das eine oder andere Mal gewesen sein – und zwar immer dann, wenn vom Tennisstadion am Hamburger Rothenbaum die Rede war, von einer unglaublichen Stimmung dort, von Sommer, Sonnenschein und bester Laune. Vermutlich wird sich der Wimbledonsieger von 1991 gefragt haben, warum dies einen Monat zuvor nicht auch bei seiner Veranstaltung, den German Open, gelungen ist.
Während über dem Profi-Sport Tennis in der Hansestadt seit Jahren eine dunkle Wolke zu hängen scheint, erstrahlt Beachvolleyball im Sonnenschein. Die Unterschiede hinsichtlich des Zuschauerinteresses sind punktuell extrem. Bei den German Open war das 13.200 Zuschauer fassende Stadion sehr oft nur spärlich besetzt. Die Oberränge waren abgehängt worden, damit es nicht allzu trostlos wirkte. So wurde die Zahl der Plätze auf 7.000 verringert. Auch dieser Rahmen war noch zu groß.
Ähnlich waren auch die Veranstalter des Finals der World Tour im Beachvolleyball verfahren, hier wurde auf 9.000 Plätze verringert. Diese defensive Strategie erwies sich am vergangenen Sonnabend, als die Olympiasiegerinnen und Weltmeisterinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst im Endspiel standen, als Fehler. Die Fans dieser etwas selbstverliebten Sportart strömten in Scharen auf die Anlage, um die beiden Hamburgerinnen spielen zu sehen.
Der Tennisplatz war für das Turnier in eine riesige Sandkiste verwandelt worden, der Eintritt an allen Tagen frei. Dafür musste man „nur“ die aufdringliche Präsenz der Sponsoren – federführend war hier ein Brausehersteller aus einem Nachbarland – in Kauf nehmen.
Dennoch war der Zuspruch am Sonnabend so immens, dass die Einlasstore schon eine halbe Stunde vor dem Beginn des Finals von Ludwig/Walkenhorst gegen die Brasilianerinnen Agatha/Duda geschlossen werden mussten – aus Sicherheitsgründen, wie Veranstalter Frank Mackerodt sagte. Annähernd 500 Fans blieben draußen, sehr viele davon verfolgten auf dem Gelände auf einer großen Videowand das Finale.
Ludwig/Walkenhorst verteidigten durch ein 2:1 ihren Titel und erhielten dafür 84.500 Euro. Von den Fans wurden sie mit Standing Ovations gefeiert.
„Der Olympiasieg war cool, der Weltmeistertitel noch cooler. Aber das war sensationell“, rief Ludwig nach dem Spiel ins Mikrofon. Blockerin Walkenhorst sagte später: „Das ist ein Moment, in dem man alles verarbeiten kann, was man in den vergangenen Jahren erreicht hat. Das ist eine Quälerei gewesen.“ Diese Saison war extrem schwierig für das Duo: Beide Spielerinnen plagten sich mit Schulterproblemen.
„Wie die Hamburger dieses Team lieben – unfassbar. Mit der Resonanz haben wir nicht gerechnet“, sagte Mackerodt dem NDR. „Mit Sicherheit“ müssten im kommenden Jahr noch mehr Ränge im Stadion geöffnet werden. Für das traditionsreiche Tennis-Turnier geht es 2018 dagegen um nichts weniger als den Fortbestand. gör
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