heute in hamburg: „Wir sind eng verbunden“
200 Jahre Kunstvereins-Chefin Steinbrügge führt durch die einst von Bürgern initiierte Kunsthalle
46, leitet seit 2014 Hamburgs Kunstverein. Zuvor war sie Kuratorin für zeitgenössische Kunst am Wiener Belvedere.
taz: Frau Steinbrügge, warum sprechen Sie ausgerechnet in der Kunsthalle über den Kunstverein?
Bettina Steinbrügge: Weil beide eng verbunden sind. Die Gründung der Kunsthalle wurde vom Kunstverein initiiert, und auch die Ursprungssammlung der Kunsthalle hat der Kunstverein geschenkt. Bis in die 1950er-Jahre hinein gab es auch viele gemeinsame Ausstellungen.
Und wovon handelt Ihre Führung?
Ich werde durch die Schau „Die Kunst ist öffentlich – Vom Kunstverein zur Kunsthalle“ führen und außerdem Dinge erklären, die dort nicht so ausführlich zur Sprache kommen. Zum Beispiel, dass der Direktor der Kunsthalle in den 1950er-Jahren auch den Kunstverein leitete. Das lag daran, dass der Kunstverein im Dritten Reich enteignet wurde, die Gebäude zerbombt waren und dies die einzige Chance war, den Verein am Laufen zu halten. Außerdem werde ich erörtern, worin sich Museen für zeitgenössische Kunst – etwa die Galerie der Gegenwart – und Kunstvereine unterscheiden.
Nämlich?
Die seit den 1980er-Jahren verstärkt gebauten Museen für zeitgenössische Kunst sind weniger experimentell. Museen brauchen Besucherzahlen, müssen sich absichern und zeigen eher Überblicksausstellungen. Ein Kunstverein präsentiert Kunst, die noch nicht durchgesetzt ist und sperrig sein darf. Er muss zwar auch Kunstvermittlung liefern, das Publikum ist aber gnädiger, was die Rezeption angeht, weil es weiß: Die probieren aus.
Ihre Führung gehört zum Projekt „Passagen“. Was ist das?
Der vor 200 Jahren gegründete Kunstverein ist die älteste Kunstinstitution Hamburgs, und es gibt in jedem Museum etwas, das mit dem Verein oder der Zeit seiner Gründung zu tun hat. Also haben wir gesagt: Wie wäre es, wenn wir einen Parcours zu diesem Thema anböten? Dann können die Besucher durch die Museen gehen und immer wieder auf Stellen treffen, die etwas mit dem Kunstverein und der hiesigen Kulturgeschichte zu tun haben. Denn wenn der Kunstverein 200 wird, geht es auch um 200 Jahre Hamburger Kulturgeschichte.
Hamburgs Kunstverein war einst Ikone des Bürger-Engagements. Ist er das heute immer noch?
Ja. Ohne das Bürgertum, das zu großen Teilen weiterhin Vereinsmitglied ist, würde wir hier keinen Fuß auf den Boden bekommen. Interview PS
„Passagen“: Führung mit Bettina Steinbrügge: 15 Uhr, Kunsthalle
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