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PortraitDie Angeschlagene

Niedersachsens Regierungssprecherin Anke Pörksen steht erneut wegen fehlerhafter Vergaben in der Kritik. Sie beauftragte eine Agentur ohne Ausschreibung.

Unter Beschuss der Opposition: Regierungssprecherin Anke Pörksen (SPD) Foto: dpa

Braucht Stephan Weil (SPD) nur ein Facebook-Profil als Ministerpräsident oder noch ein weiteres als SPD-Abgeordneter? In Zusammenhang mit dieser Frage wollten Oppositionspolitiker die Sprecherin der niedersächsischen Landesregierung, Anke Pörksen (SPD), am liebsten aus dem Amt werfen.

Denn mit dieser Facebook-Frage beauftragte Pörksen 2014 eine Kölner Digitalagentur: Ein Auftrag in Höhe von 1.121 Euro. Pörksen entschied sich für die Kölner Agentur, weil diese den Auftrag innerhalb weniger Tage bearbeiten konnte. Sie fragte damals auch eine Hamburger Firma an, die hätte aber zwei Wochen benötigt.

In einem Bericht an den parlamentarischen Untersuchungsausschuss stufte die Landesregierung jedoch nun die Facebook-Aufgabe von damals als nicht eilbedürftig ein; auch andere Unternehmen hätten sich um diesen Auftrag bewerben dürfen müssen. Das nahmen Oppositionspolitiker nun zum zweiten Mal zum Anlass, um die 51-Jährige Staatssekretärin zu einem Rücktritt zu bewegen.

Aufmerksam wurde man auf den Facebook-Auftrag, weil er von jener Digitalagentur bearbeitet wurde, wegen der zuvor der Staatssekretär Michael Rüter in der Vergabe-Affäre gehen musste. Rüter hatte als Chef der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin fünf Aufträge mit einer Gesamthöhe von 153.000 Euro an das Kölner Unternehmen ausgeschrieben und dabei schwerwiegende Fehler gemacht. Es bestehe der Eindruck, dass Rüter rechtswidrig in ein Vergabeverfahren eingegriffen und ein Unternehmen bevorzugt habe, das er aus seiner früheren Tätigkeit als Landesgeschäftsführer der SPD Niedersachsen kannte, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).

Schon der zweite Vergabe-Fehler

Bereits Anfang August musste Pörksen als Zeugin im Untersuchungsausschuss zu einem anderen Fall aussagen und gestand bei dieser Vergabe Formfehler ein. In dem Fall ging es um einen Auftrag an den Kommunikationsberater Michael Kronacher, der der niedersächsischen SPD nahe steht. Die Opposition warf ihr parteipolitisches Geschacher vor. Pörksen kannte Kronacher jedoch selbst gar nicht, weil sie die niedersächsische SPD erst aus jüngerer Vergangenheit richtig kenne, sagt Pörksen, die in Hamburg wohnt und nach Hannover pendelt.

Nach ihrem Jura-Studium hat sie zunächst von 1997 bis 2013 in verschiedenen Hamburger Behörden gearbeitet: Zunächst in einem Bezirksamt, in der Sozialbehörde, im Personalamt, in der Kulturbehörde, in der Justizbehörde und schließlich in der Schulbehörde. 2011 wurde sie Unterabteilungsleiterin für Inklusion und Qualitätssicherung. Sie arbeite gern abends oder nachts, möge flache Hierarchien und eine pluralistische Diskussionskultur, sagte sie in einem der wenigen Interviews, die von ihr selbst handeln.

Neben ihrer Arbeit war Pörksen in verschiedenen juristischen Fachkreisen aktiv. Von 2000 bis 2013 war sie im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratischen Juristinnen und Juristen. Seit 2006 ist sie Mitglied im Ziethener Kreis, einem parteipolitisch unabhängigen Zusammenschluss kriminalpolitischer Praktiker und Experten.

Im Laufe ihrer Karriere wurde Pörksen schon für vieles gehandelt: 2009 als zukünftige Justizministerin in Schleswig-Holstein; 2012 als solche in Niedersachsen. Als Ministerin wollte sich die Juristin unter anderem für eine verständlichere Gerichtssprache und gegen weitere Privatisierungen im Strafvollzug einsetzen.

Stattdessen wurde sie 2013 Regierungssprecherin von Stephan Weil. Seitdem ist sie die Stimme des niedersächsischen Landeschefs und gehört damit zu seinem engsten Organisationsteam.

Für die Fehler, die in ihrer Pressestelle in der Vergabeaffäre passiert sind, trage sie die Verantwortung sagte Pörksen Anfang August im Untersuchungsausschuss zur Vergabe-Affäre. Neben anderen großen Themen wie der Flüchtlingskrise und dem VW-Skandal habe sie bei den Vergabeaufträgen den Überblick verloren. Um derartige Fehler zu vermeiden, sollen Auftragsvergaben zukünftig gebündelt werden.

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