Das Ding, das kommt
:

Malen wie einst Emil Nolde? Zumindest die Farben des Jubilars enthält der soeben herausgekommene Aquarell-Farbkasten Foto: matt

Hell und kräftig

Talent und gute Ideen sind wichtig für Kunst. Aber es braucht auch gutes Material. Und da gibt es durchaus Unterschiede. Zum Beispiel beim Aquarell. Da kommt es auf die Art der Pigmente an und auf ihr Bindemittel – meist Gummi arabicum. Für das Überleben der Bilder ist wichtig, wie lichtecht die Farbe ist, und für das Überleben der Maler, dass die Bestandteile nicht giftig sind, was früher vor allem bei Metalloxiden oft der Fall war. Es lohnt sich also, auf Qualität zu achten.

Und wie ist die zu finden? Geht man vom fertigen Bild aus, ist da vor allem Emil Nolde. Der Deutschen Lieblingsexpressionist hat dem Aquarell die nahezu gleiche Wertigkeit wie dem Ölbild gegeben und ist mit strahlendem Kolorit von Himmeln und Blumen vielfaches Vorbild. Der ab 1937 als „entartet“ abgestempelte und mit Ausstellungsverbot belegte Künstler malte natürlich auch, als er angeblich „Malverbot“ hatte, dabei entstanden die kleinen Aquarelle der werbewirksam sogenannten „ungemalten Bilder“ – dabei sind Entwürfe und Bildstudien mit Wasserfarben auf Papier etwas ganz Normales. Keiner zieht die Pistole, wenn ein anderer den Pinsel zückt. Viel effizienter lassen sich Künstler doch gerade über die Materialzuteilung kontrollieren: Wer nicht im richtigen Verband ist, bekommt auch keine Farben – jedenfalls keine hochwertigen.

Da die Nolde-Stiftung Seebüll noch die Tuben und Näpfchen besitzt, die der Künstler verwendet hat, wurde zum diesjährigen Jubiläum die Firma Schmincke beauftragt, einen Aquarellkasten mit Original-Nolde-Farben auf den Markt zu werfen (bzw. in den Museumsshop). Zwölf Farben sind erhalten, im Vergleich zu Standardkästen tatsächlich eher etwas kräftigere, hellere. Eigentlich sind es von „Kadmiumgelb mittel“ bis „Siena gebrannt“ nur zehn – „Titanweiß“ und „Elfenbeinschwarz“ sind zwei Alles-oder-nichts-Optionen, welche Puristen nicht zu den Farben zählen und von deren Verwendung sie abraten.

Die Aquarellfarben von Schmincke basieren auf alten, patentierten Familienrezepturen aus dem Jahr 1892. In mehreren Arbeitsgängen werden sie flüssig vergossen und getrocknet, ein Verfahren, das im Gegensatz zu billigeren Gemischverpressungen drei bis fünf Monate Produktionszeit mit sich bringt. Doch bei aller Materialqualität: Auch bei der Malmittelfirma gibt es einen Haftungsausschluss für Schäden, die in Verbindung mit der Anwendung der Produkte entstehen. Das gilt dann wohl auch für die damit erstellte Kunst. Hajo Schiff