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Jörn Kabisch Angezapft

Weizenbier trinke ich nur aus professionellen Gründen. Es ist ein Bierstil, der mir nicht liegt: aggressiv perlend und aufdringlich bananig, so ist meist das Profil der Weizen, die bei der Masse ankommen wollen. Ich finde das ein billiges, abgeschmacktes Schönheitsideal. Ich bekomme davon Aufstoßen.

Es ist deshalb mehr als ein glücklicher Zufall, wenn ich ein Weizenbier finde, von dem ich gleich einen ganzen Kasten kaufen will, für besondere Gelegenheiten. Beim Weizenator von Gänstaller ist das ganz sicher der Fall. Aber Vorsicht, Weizentrinker: Könnte sein, dass es für euren Geschmack dann nicht so ganz das Richtige ist.

Über das Weizenator gibt es einiges zu erzählen. Fangen wir bei der Brauerei an, die in Deutschland ziemlich unbekannt ist, wenigstens außerhalb der Grenzen der Fränkischen Schweiz. Hier braut Andreas Gänstaller gemeinsam mit seiner Tochter Daniela in dem kleinen Dorf Schnaid, das nicht mehr als 400 Einwohner hat.

Außerhalb Deutschlands hat der 54-Jährige hingegen regelrecht Kultstatus. Fast seine ganze Produktion geht ins Ausland, in die USA, nach Italien, Skandinavien oder Großbritannien. 2016 ist Gänstaller von ratebeer.com, dem größten und verlässlichsten Bewertungsportal für Craftbiere, zur besten Brauerei Deutschlands gekürt worden. In anderen Wirtschaftsbereichen nennt man so jemanden „Hidden Champion“.

Andreas Gänstaller, eine weitere Besonderheit, ist Spezialist für untergärige Biere. Auch der Weizenator, ein heller Weizenbock, ist als Lager ausgebaut. Standardmäßig wird Weizen nämlich mit obergäriger Hefe gebraut, oft mit anschließender Flaschengärung, um eine spritzige Kohlensäure zu erreichen.

Wichtig ist aber vor allem, was am Ende aus der Flasche kommt. Schon der Schaum beeindruckt. Er entwickelt sich mäßig, bleibt aber als kleiner Film fast bis zum letzten Schluck auf dem Bier. Das ist trüb, im dunklen Orange leuchten Rubintöne. Der Geruch ist mäßig ausgeprägt, hat Anklänge von fruchtigem Karamell, ein Hauch von Rauch schwingt mit.

Beim ersten Schluck kam mir das Bild von einer guten Hühnerbrühe in den Sinn. Das Bier fließt seidig durch den Mund, Kalk, grüner Apfel und Eindrücke von Brotkruste melden sich nun, insgesamt ergibt sich ein Bild von kräuteriger Nelke. Banane fehlt fast ganz.

Es ist ein Bier, das ich für besondere Gerichte zurückhalte. Frisch geräucherte Entenbrust etwa oder Ente asiatisch. Das wird perfekt.

Weizenator, Gänstaller Bräu, 8,1 % vol.

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