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Antje Lang-Lendorff schaut sich die Zahlen neu zugelassener Fahrzeuge anDie Richtung stimmt schon mal

Freie Fahrt durch die Pfütze Foto: dpa

Man muss die Stadt nicht verlassen, um in Ferienstimmung zu kommen. Vergangene Woche endete das Schuljahr. Und schon lässt es sich auf den Bürgersteigen wunderbar flanieren, ohne Ausweichmanöver und Gedrängel. Autos stauen sich nicht wie sonst auf den Straßen. Im Zentrum gibt es sogar freie Parkplätze, die auch länger als drei Minuten frei bleiben. Die Drehzahl nimmt ab, Berlin leert sich. Wie entspannend!

Könnte das ein Vorgeschmack auf die Zukunft sein? Es muss auf den Berliner Straßen nicht immer nur voller und enger werden, zeigen am Montag veröffentlichte Zahlen des Statistikamts Berlin-Brandenburg: Im ersten Halbjahr 2017 wurden demnach 49.563 Fahrzeuge in Berlin neu zugelassen. Im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor gab es noch 53.133 Neuzulassungen, ein Rückgang von knapp 7 Prozent.

Carsharing boomt

Das ist erfreulich, legt es doch die Interpretation nahe, dass zwar viele Menschen nach Berlin ziehen – in den letzten fünf Jahren wuchs Berlin pro Jahr im Schnitt um 48.700 Personen –, der Autoverkehr aber nicht gleichermaßen zunimmt. Tatsächlich bewegen sich mehr Menschen per Bus und Bahn, die Fahrgastzahlen der BVG steigen seit Jahren. Und auch Carsharing-Angebote boomen.

Sollte diese Entwicklung anhalten, könnte Berlin auch mittelfristig einen schönen Titel verteidigen: den des Bundeslandes mit der geringsten Fahrzeugdichte. In Berlin kommen auf 1.000 EinwohnerInnen nur 344 Pkws – im Bundesschnitt sind es immerhin 564. Klar, man erreicht mit dem Rad oder dem öffentlichen Nahverkehr hierzulande häufig schneller das Ziel als mit dem Auto. Und auch nur so, mit Bussen und Bahnen, stellt man sich die Stadt der vier Millionen einigermaßen erträglich vor.

Allerdings ist die Zahl der Neuzulassungen mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Sie müsste schon deutlich stärker sinken, wollte man wirklich von einer Verkehrswende sprechen. Denn die Autos werden insgesamt zwar nicht so viel mehr wie die Menschen, aber ihre Gesamtzahl, der Bestand an Autos, steigt eben nach wie vor. Knapp 1,2 Millionen Pkws waren Anfang 2017 in Berlin gemeldet, 60.000 mehr als noch vor fünf Jahren.

Man sollte die Ruhe der Ferien genießen, solange sie währt.

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