Portrait
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Farblos, aber stets höflich: Chris Froome Foto: reuters

Streber auf dem Sattel

Zum vierten Mal hat er die Tour de France gewonnen – aber begeistert hat Chris Froome wieder nicht. Nicht einmal, dass das Rennen bis zwei Tage vor Schluss spannender war als gewohnt, ändert den Langeweilebefund: Froome ist ein farbloser Dominator ohne Ecken und Kanten, stets höflich außerhalb des Rennens und während des Wettkampfes immer da, wo er sein muss.

Entspannt nahm Froome am langen Tisch der Pressekonferenz der Tour Platz. Er störte sich auch nicht daran, dass die Organisatoren sich als kleine Demütigung ausgedacht hatten, das Gespräch mit ihm prompt bei der Ankunft des Tourdritten Romain Bardet abzubrechen. Bekanntermaßen mag Froome Pressegespräche ohnehin nicht. Deshalb hatte sein Team auch die übliche Pressekonferenz am zweiten Ruhetag der Tour in eine Audienz mit handverlesenen Medienvertretern verwandelt.

Vor der letzten Etappe hatte Froome erklärt, dass diese Tour seine bislang schwierigste war: „Es war eher ein Spiel um Sekunden. Hier konnte man ein paar gewinnen, dort ein paar. Man konnte aber nicht mit einem einzigen Schlag das Rennen entscheiden.“ Für einen kurzen Moment schien hier tatsächlich Rennfahrerblut in Wallung geraten zu sein – und Froome enttäuscht, dass er auf dieser Tour keinmal zum entscheidenden Schlag ausholen konnte. Doch das lag ja auch daran, dass der in Kenia geborene Brite selbst nicht mehr in der Verfassung seiner besten Jahre war. In den Bergen waren manche Gegner besser, und beim Zeitfahren stellten ihn seine eigenen Leute in den Schatten. Aber in der Summierung aller Teil­aspekte war Sekundensammler Froome letztlich oben.

Dass ihm die anderen aber insgesamt näher kommen, hat Froome sehr wohl bemerkt. Als kleine Drohung ließ er fallen, dass er als Rennfahrer noch besser werden könne. „Ich habe in den vergangenen Jahren meine Bergabtechnik verbessert und positioniere mich auch besser im Feld. Viel kann ich noch in Sachen Taktik lernen“, meinte er.

Oje, wenn die anderen in Urlaub gehen und es dort krachen lassen, lernt der Einser-Radprofi schon jetzt für das nächste Examen. Tom Mustroph

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