Debatte um das Radgesetz: Das Warten auf die Verkehrswende
Bei einer Diskussionsrunde im taz Café fordern Initiativen mehr Tempo beim Radgesetz.
Die Initiative Volksentscheid Fahrrad und das Team Radbahn Berlin wollen endlich Ergebnisse der Verhandlungen zum Radgesetz sehen. Das betonten Kerstin Stark (Volksentscheid) und Matthias Heskamp (Radbahn) bei einer Podiumsdiskussion, zu der die taz am Donnerstagabend in ihr Café geladen hatte.
Ihre Forderungen nach einem raschen Fortschritt der Gesetzgebung richteten sie vor allem an die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, deren Senatorin Regine Günther (parteilos) mit auf dem Podium saß. Matthias Heskamp, der mit dem Team Radbahn Berlin die Idee einer Fahrradstrecke unter der U1-Hochbahn entworfen hat, rief zu mehr Mut zur Innovation auf: „Wir könnten in Berlin zeigen, dass es geht!“ Man müsse das Angebot ausbauen, finanzielle Anreize schaffen und sich an Ländern wie Mexiko oder Schweden orientieren, wo die Mobilitätswende viel entschlossener vorangetrieben werde.
Vor einem Jahr hatte die Initiative Volksentscheid Fahrrad 90.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt, nach der Bildung der rot-rot-grünen Koalition lud die Senatsverwaltung für Verkehr zivilgesellschaftliche Gruppen zum Dialog. Ein Gesetzentwurf wurde erst für März angekündigt, dann für Juni – doch die Verhandlungen laufen noch immer.
Regine Günther begründete die Verzögerung mit der komplexen Verzahnung zwischen Senatsverwaltung, Bezirken und Verkehrslenkung: „Wenn da einer nicht mitspielt, gibt es Probleme.“ Sie verwies auf bereits umgebaute Kreuzungen und ohnehin geplante Investitionen in die Radinfrastruktur, betonte aber: „Die Geschwindigkeit des Prozesses ist das Nadelöhr, das wir angehen müssen.“
Kerstin Stark vom Volksentscheid sieht das genauso: „Wenn wir schnell eine bessere Infrastruktur anbieten, würden mehr Autofahrer auf das Rad umsteigen.“ Stark forderte vor allem eine bauliche Abtrennung der Radwege von den Straßen, damit nicht jede Unaufmerksamkeit eines Autofahrers zu folgenschweren Unfällen führe.
Der Vorschlag wurde auch im Kontext eines Unfalls gemacht, der sich am Mittwoch in Pankow ereignet hatte. Eine 31-jährige Radfahrerin starb, nachdem ein abbiegender Lkw sie in der Danziger Straße erfasst hatte. Sie ist die dritte Radverkehrstote in Berlin in diesem Jahr.
Volker Krane vom ADAC Berlin-Brandenburg warnte davor, die Radverkehrstoten zu instrumentalisieren. Wichtig sei eine Verkehrswende, die alle einschließe – auch die Autofahrer. „Zwar hat das Auto seinen Fetischcharakter verloren, der Wunsch nach Mobilität ist aber weiter vorhanden“, sagt Krane. Dem müsse man mit flexiblen, günstigen und einfachen Leihangeboten für alle Verkehrsmittel entsprechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf