Weiterleben ohne Briten

Minister-Besuch

Die Briten haben sich verpieselt. Schon Ende 2015, lange vor dem Brexit-Votum, hat das Vereinigte Königreich seine Streitkräfte von den letzten verbliebenen Standorten in Niedersachsen abgezogen. Für die Kommunen bedeutete das auf einen Schlag: weniger Einwohner, Arbeitsplätze und Kaufkraft, vor allem aber große leer stehende Militäranlagen. Wie die Städte Bergen und Bad Fallingbostel das weggesteckt haben und welche Pläne sie für die Zukunft haben, will sich der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) am kommenden Freitag ansehen.

Schon seit die Briten den Abzug 2010 angekündigt haben, dreht sich in Bergen und Bad Fallingbostel alles um die sogenannte Konversion, also den Prozess, bei dem aus Kasernen und Militäranlagen zivile Orte werden sollen. „Es ist weiter eine riesige Herausforderung“, sagt Philipp Wedelich, Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums. Die Kommunen müssten entscheiden, wie die Flächen optimal genutzt werden könnten – ob sie für die Industrie, als Naturschutzflächen oder die Errichtung neuer Wohngebiete infrage kämen. Hinzu käme die Frage, was mit den alten Häusern passieren solle, in denen die britischen Soldaten mit ihren Familien gelebt haben, sagt Wedelich.

Der Landkreis Celle und der Heidekreis, in denen die beiden Städte liegen, haben bis 2014 eine gemeinsame Strategie names „Konrek“ entwickelt, die sie seither umsetzen. Die Abkürzung steht für „Konversion und Regionalentwicklung“. Die Kommunen prognostizierten damals, dass ihre Einwohnerzahlen wegen des demografischen Wandels ohnehin um bis zu acht Prozent bis zum Jahr 2030 schrumpfen werden. Da hinzu kommen noch die rund 10.100 Briten, darunter Soldaten und ihre Familien, die jetzt weg sind.

Für die Region bedeute das einen jährlichen Kaufkraftverlust von 65 Millionen und einen immensen Wohnungsüberhang, heißt es in dem Bericht. In Bad Fallingbostel sollten nach dieser Prognose durch den Abzug der Truppen demnach 895 Wohnungen frei werden, in Bergen 950. Viele Gebäude werden vermutlich abgerissen.

Doch zunächst müssen die Städte die Gebäude aufkaufen. „Wir haben in Bergen erste Wohngebäude erworben“, sagt der Projektmanager der Stadt, Stephan Becker. Zwei achtgeschossige Häuser sollen nach derzeitigen Planungen abgerissen werden und dafür ein Park in dem Wohngebiet entstehen. Beschlossen ist das aber noch nicht. „Wir stehen noch am Anfang, sind aber auf einem guten Weg“, sagt Becker. Bis die Konversion abgeschlossen sei, werde es sicherlich zehn bis 15 Jahre dauern. Eine gute Nachricht sei jedoch, dass die Stadt entgegen aller Prognosen wieder einen Anstieg der Bevölkerungszahlen verzeichne.

Niedersachsen unterstützt Kommunen, die vom Abzug der britischen Soldaten stark betroffen sind mit insgesamt rund 15 Millionen Euro bei der Umgestaltung. Pistorius wird am Freitag in Bergen sehen, was daraus geworden ist. rea