SPORTPLATZ: Echte Nullnummer
FUSSBALL Die Fans hadern weiter mit Union: Trotz Überlegenheit gibt es gegen Aalen nur ein 0:0
Union-Coach Uwe Neuhaus
In welcher Form werden sich unsere Fußball-Helden gegen VfR Aalen präsentieren?, fragten sich die Union-Anhänger am Samstag vor dem Anpfiff des Zweitliga-Duells im Stadion Alte Försterei. Zuletzt schienen viele Fans der Köpenicker ihren Lieblingen nicht mehr so grün zu sein wie die Spielkleidung, in der ihr Team Ende Oktober bei Kickers Offenbach nach einer blamablen 0:2-Niederlage aus dem DFB-Pokal ausschied.
Viele der rund 1.000 nach Offenbach gereisten Union-Fans hatten die Profis nach der Niederlage zur Rede gestellt. „Die Fans haben uns in den Arsch getreten“, gestand Mittelfeldspieler Markus Karl nach dem Disput mit der Basis. Trainer Uwe Neuhaus kündigte nach der „größten Enttäuschung, seit ich beim 1. FC Union bin“, also seit fünfeinhalb Jahren, „Konsequenzen“ an.
Prompt gelang vier Tage später mit zwei personellen Umbesetzungen in der Mannschaft ein 2:0-Erfolg bei Dynamo Dresden – der erste Auswärtssieg in der laufenden Zweitliga-Saison. Da glühten die Union-Wangen rot vor Freude, passend zur traditionellen Trikotfarbe des Clubs.
Symbol des neuen Glücks war der bisherige Pechvogel Fabian Schönheim. Der etatmäßige Verteidiger, der zuvor in Aue (1:1) ein Eigentor und gegen Cottbus (3:1) einen Foulelfmeter fabriziert hatte (inklusive Platzverweis als Kollateralschaden), hatte gegen Dynamo beide Treffer erzielt. „Mehr Tore in einem Spiel habe ich nur in der F-Jugend geschossen“, erzählte der zur Offensivkraft umfunktionierte Abwehrspieler.
Weil Schönheim den ersten Treffer mit geradezu südländisch anmutender Schusstechnik im Netz versenkte, taufte Unions Kapitän Torsten Mattuschka den Kollegen „Sanchez da Silva Schönheim“. Doch gegen VfR Aalen musste der Held von Dresden auf die Zuteilung seines Arbeitsplatzes warten. „Ich bin nicht sicher, ob Fabian offensiv genug ist, um Aalen auf diesem Weg zu knacken“, sinnierte Coach Neuhaus, um den Verteidiger dann doch in der offensiven Mittelfeldreihe aufzubieten.
Dafür hüllte sich der Gegner VfR vor dem ersten Pflichtspiel-Termin bei Union in Schweigen. Oder handelte es sich bei Aalen vielleicht um den früheren Zweitliga-Rivalen LR Ahlen aus Westfalen, der nach dem Ausstieg seines Topsponsors kurzerhand den Ortsnamen änderte, wie Beobachter unkten? Nein, nämlicher VfR Aalen kommt von der schwäbischen Ostalb und machte in Köpenick zunächst in Geheimniskrämerei. „Wir werden spielen wie immer“, sagte Sportdirektor Markus Schupp, als ob seine Rasensportler seit Wochen Metropolen-Gespräch wären.
Gut 15.000 Zuschauer, darunter einige Fahnenschwenker aus Aalen, erlebten ein Berliner Powerplay in der Alten Försterei. Allein Tore gelangen Union nicht. Die Partie endete 0:0. „Das war absolut enttäuschend. Für Ballbesitz, gewonnene Zweikämpfe und gelaufene Meter können wir uns nichts kaufen“, schimpfte Neuhaus.
Die Schwaben von der Alb bereiteten Union einen wahren Albtraum. Trotz 69 Prozent Ballbesitz ging Union leer aus. Mittelfeldspieler Karl scheiterte zum Verdruss des eigenen Anhangs per Kopfball an der Lattenunterkante des Gästetores. Zudem fühlten sich die Eisernen von Schiedsrichter Tobias Christ benachteiligt, der vermeintlich unfaire Attacken im VfR-Strafraum gegen die Unioner Christian Stuff und Silvio nicht ahndete. „Es hätte mindestens zwei Elfmeter für uns geben müssen“, kritisierte Neuhaus.
Unions Spielführer Torsten Mattuschka hakte die Nullnummer ganz schnell ab: „Wir müssen mit dem Punkt leben und nach vor schauen.“ Am Sonntag gastieren die Eisernen in Regensburg. Dort müssen sie ohne Kopfball-Karl auskommen, der gegen Aalen seine fünfte Verwarnung kassierte und automatisch eine Liga-Partie aussetzen muss.
Jürgen Schulz
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