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SOUNDTRACK

Es ist bitterkalt, es tut weh, es kommt aus Vancouver und die Videos des Duos unterstreichen zumindest die ersten beiden Aspekte sehr deutlich, wenn sich vor den geplagten (oder entzückten) Konsumenten Szenen aus B-Movies mit bösartigen Splattersequenzen vermengen. Musikalisch setzen Animal Bodies dort an, wo Bands wie etwa (die frühen) Glass Candy, The VSS oder Lovelife einst ihre faszinierenden Destruktivkräfte freisetzten. Genau jene Feier der Kaputtheit – natürlich ein Sinnbild für die Kaputtheit unseres ganzen Miteinanders – wird hier allerdings mit Hilfe von Beatmaschine und exzessivem Synthesizer-Einsatz mit einem Disco-Odeur versehen, der einen trotz Unterkühlung, Nervosität und Fiesheit geradezu ins Tanzen geraten lässt. Den Mantel sollte man dabei allerdings vielleicht anbehalten. Sa, 18. 11., 21.30 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84

Noch mal Vancouver. Dan Bejar startete Mitte der 1990er Jahre als Destroyer ein lustig wandlungsfähiges Solounternehmen, durch das vermutlich mittlerweile alle Musiker der Stadt (ausgenommen Animal Bodies) geschleust wurden. Konnte man lange Zeit sagen: hier operiert jemand auf dem ehernen Fundament ordentlich angeschmutzten und leicht angeglamten Blues-Rocks, hat sich in den vergangenen Jahren in einer wahren Orgie an Veröffentlichungen mehr und mehr die stilistische Wandlungsfähigkeit des Mannes in den Vordergrund gespielt. Die Vorliebe für kryptisch-humorige Texte ist ihm geblieben, ansonsten ist seit einigen Jahren die Abwendung vom knarzigen, Singer/Songwriter-beeinflussten Gitarrensound Programm. Das zuletzt erschienene „Kaputt“ stellt in diesem Sinne eine produktive Zumutung erster Rangordnung dar. Alles, was im Bereich popmusikalischen Easy Listenings state of the art ist bzw. in den 1980er Jahren war, wird aufgeboten: ambientartige Klangflächen tauchen die Lieder in schmeichelndes Licht, verbotene Saxophone treffen noch verbotenere Querflöten, ein später Brian Ferry grüßt die auf der anderen Seite stehenden Flaming Lips. Klingt „mutig“, und das ist es auch. Mo, 19. 11., 20 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66

Phonetisch erinnert der Bandname in seiner ganzen Cockneyhaftigkeit ein wenig an ein britisches Pubgeschehen. In musikalischer Hinsicht assoziiert man davon ausgehend vielleicht mehr einen herz- und schmerzhaften Begrüßungshieb auf die Schulter und weniger feine Textur. Der Zusammenhang zwischen Elizabeth Morris – Kopf, Sängerin und Ukulele-Spielerin von Allo Darlin – und Cockney ergibt sich aber, vergleichsweise schlicht, lediglich daraus, dass die Australierin seit 2005 in London lebt und ebendort die Band um sich geschart hat. Wie aus dem Songbook der Smiths entnommen klingt (und plingt) hier die Gitarre, entfalten sich einfache, aber effiziente Harmonien und Melodien und schlägt Morris feine Stimme gesangliche Kapriolen. Gleichzeitig dominiert gegenüber dieser im doppelten Sinne tonnenschweren Referenz eine ins Fröhliche neigende Unbeschwertheit und erfreuen hingetupfte Chöre, wie man sie eher aus dem weiten Feld des – natürlich nur so heißenden – Niedlichkeits- und Dreampop kennt. Macht ein hübsches Lächeln ins Gesicht. Di, 20. 11., 20.30 Uhr, Kulturhaus III&70, Schulterblatt 73

NILS SCHUHMACHER

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