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heute in hamburg„Donald Trump hoch vier“

Sozialstaat Gegner und Befürworter diskutieren über das bedingungslose Grundeinkommen

Foto: IAQ
Gerhard Bosch

69, Soziologe und Senior Professor am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen.

taz: Herr Bosch, ist das bedingungslose Grundeinkommen die Rettung für Arbeitslose und GeringverdienerInnen?

Gerhard Bosch: Nein. Das ist ein Versprechen wie „Freibier für alle“. Das klingt natürlich fantastisch, aber das bedingungslose Grundeinkommen für jeden ist erst mal eine große Geldverschwendung.

Inwiefern?

Die Mehrheit unserer Bevölkerung braucht das Geld nicht. Ich zum Beispiel habe eine ausreichende Pension, kann nebenher noch Geld verdienen und bin sozialversichert. Warum sollte ich zusätzlich noch ein bedingungsloses Grundeinkommen beziehen, das an anderer Stelle fehlt? Ich möchte das überhaupt nicht haben.

Wäre das denn überhaupt finanzierbar?

Nein. Wenn jeder unserer 82 Millionen Bürger 1.000 Euro im Monat bekommt, dann sind das 984 Milliarden Euro im Jahr, die allein dafür aufgebracht werden müssen. Das ist mehr als unser gesamtes Sozialbudget.

Es wird also etwas versprochen, das nicht gehalten werden kann?

Ja, das ist sozusagen Donald Trump hoch vier. Familienhilfe, Jugendbetreuung, all das wird ersatzlos gestrichen – wie viel bleibt von den 1.000 Euro dann noch übrig? Wenn man schwer krank, behindert oder pflegebedürftig ist, reichen die sowieso nicht. Und wer soll die Sprachkurse für Asylanten finanzieren? Insgesamt ist das eine total zynische Position der völligen Vernachlässigung von Menschen und der Absage an jegliche soziale Hilfe.

Welche Alternativen gibt es?

Wir müssen die ungleiche Bezahlung bekämpfen und anständige Einkommen sichern. Der Mindestlohn ist da ein wichtiger Schritt. Wir brauchen eine aktive Beschäftigungspolitik. Und wir müssen den Sozialstaat an neue Lebensrealitäten anpassen.

Interview Lena Eckert

Buchvorstellungen und Podiumsdiskussion „Basic Income“: 18 Uhr, ZBW.

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