Volksentscheid über Flughafen Tegel: Kampf gegen die Bequemlichkeit
Selbst unter Anhängern der Grünen und Linken will eine Mehrheit den Flughafen Tegel behalten. Der Abstimmungskampf wird hart für den Senat.
Bisher merkt man nichts vom Abstimmungskampf um Tegel – aber das wird sich rasch ändern. Denn parallel zur Bundestagswahl am 24. September dürfen die Berliner abstimmen, ob sie es gut fänden, wenn der innerstädtische Flughafen auch nach der Eröffnung des BER in Betrieb bleibt. Für den Senat geht es um viel: Er ist strikt gegen eine Weiternutzung, um die Anwohner von Lärm zu entlasten.
Die Berliner zu überzeugen wird schwer werden – das zeigt eine aktuelle Umfrage. Sogar eine Mehrheit der Anhänger von Grünen und Linkspartei will Tegel behalten, hat eine am Freitag veröffentlichte Studie des RBB und der Morgenpost ergeben. Insgesamt sprechen sich 69 Prozent für Tegel aus.
Dabei dürfte ein guter Teil Frust über die Pannenserie am BER sein: Der hätte vor fünf Jahren eröffnet werden sollen, im Gegenzug wäre Tegel längst geschlossen. Doch SPD, Linke und Grüne müssen vor allem gegen die Bequemlichkeit der Berliner ankämpfen: Für viele im Westen und Norden der Stadt ist es schlicht viel praktischer, von Tegel zu fliegen als von Schönefeld. Die Abwehrhaltung, die sich bei Neubauprojekten in der nahen Umgebung immer wieder zeigt und unter dem Slogan not in my backyard firmiert, wird hier umgekehrt: Ist die Gegend schon versaut, wird nur auf die Vorteile geschaut.
Was passiert auf dem Feld?
Und selbst Anwohner, die man als lärmgeplagt einschätzen würde, können dem Flughafen oft etwas Positives abgewinnen. „Mich stört der Krach nicht“, sagte unlängst eine Frau, die am Flughafensee sonnenbadete. „Aber wenn Tegel zumacht, wollen die auch unsere Fußballplätze hier dichtmachen.“ Dann doch lieber alles so lassen, wie bisher.
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