Press-Schlag Im Hinspiel der Entscheidung um den Bundesligaufenthalt besiegen die Wölfe Braunschweig
: Ein Elfmeter, der einer war

Irgendwie waren sich dann alle schnell eilig: Der Elfmeter war unberechtigt! Es ging dem Ganzen ein Handspiel von Mario Gómez voraus! Der Elfer für den VfL Wolfsburg hätte nie, nie, nie gegeben werden dürfen! Dass schon wieder eine Mannschaft in der Relegation vom Schiri benachteiligt wird (wie weiland der arme KSC), ist eine Sauerei! Und überhaupt!

Die Braunschweiger fühlten sich von aller Welt benachteiligt – sogar regelrecht nass gemacht. Vor dem Spiel hatte nämlich „irgendjemand“ in der Gästekabine die Fußballschuhe der Eintracht-Spieler unter Wasser gesetzt – welchen Charakter dieses Wasser hatte, wurde nicht gesagt.

Aber jetzt mal ehrlich: Der Freistoß, den Marcelo Diaz („tomorrow, my friend“) damals formschön in die Ecke versenkte zum rettenden Ausgleich in allerletzter Minute – den konnte man durchaus geben. Dass das Regelwerk in Sachen Handspiel (angeschossen oder nicht, Körpervergrößerung oder nicht, absichtlich oder nicht et cetera) noch immer frei interpretierbar ist und ständig zu Missverständnissen führt – das bekommt man jeden Samstag in der „Sportschau“ erzählt. So war auch das Handspiel des Braunschweigers Gustav Valsvik als potenziell strafbar anzusehen: Er streckte beide Arme aus, stand auf der 16-Meter-Linie, der Schuss von Yunus Malli hätte gefährlich aufs Tor gehen können, was durch Valsviks Hand verhindert wurde: Elfmeter. „Doppelt unberechtigt“, wie alle fanden und alle Welt schreibt? Nein. Geht man davon aus, dass der Schiri das erste Handspiel von Goméz, der den Ball erst für Malli vorgelegt hatte, übersehen hat – das zweite Handspiel aber ahndungswürdig befand: Dann war das ein klarer Elfmeter.

Natürlich ist es ärgerlich, durch so eine Kann-Entscheidung ins Hintertreffen zu geraten; und ärgerlich ist es, gegen 12 spielen zu müssen, wobei mit dem „12. Mann“ keineswegs das Publikum gemeint ist. Aber eine gute Mannschaft muss da durch. Eintracht Braunschweig „generierte“ (oh, diese Fachsprache!) während des gesamten Spiels nur eine Torchance – die wiederum vor dem 0:1 kläglich vergeben wurde. Gut, die Wölfe spielten alles andere als überzeugend, aber das taten sie bereits die gesamte Saison nicht – nicht ohne Grund landeten sie in dieser Relegation. Aber auch Eintracht Braunschweig spielte keinen berauschenden Fußball – eher so Zweite Liga, und da kommen sie schließlich ja auch her.

Die Relegation ist – das wissen alle Hamburger zum Beispiel sehr genau, weswegen dort die Erleichterung nach dem 2:1 im entscheidenden Spiel gegen Wolfsburg ja auch so riesig war – eine Hölle. Eine Hölle, die superdramatisch werden kann. Diese Hölle gebärt Spiele, an die man sich noch Jahrzehnte später erinnern wird (nur zwei kleine Beispiele: Borussia Dortmund gegen Fortuna Köln, Hertha BSC gegen Fortuna Düsseldorf). In dieser Hölle muss man endcool sein, um sie zu bestehen – Hoffenheim oder auch Nürnberg (gegen Cottbus) haben vorgemacht, wie das geht. Wolfsburg hat es leider versäumt, durch eine souveräne Spielweise dem Nachbarn aus Braunschweig die Grenzen aufzuzeigen.

Das Regelwerk in Sachen Handspiel ist immer noch frei interpretierbar – wie zu beweisen war

So kann man es nämlich auch sehen: Die Wölfe haben einen mickrigen Elfmeter gebraucht. Im Rückspiel erst wird sich zeigen, wie viel der wert ist.

René Hamann